This is Martin Wolf’s original text, as published in Zeitschrift für vergleichende Litteraturgeschichte [“Journal of Comparative Literature Studies”] volume XVII, Berlin 1909.
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Avellanedas Don Quijote, sein Verhältnis zu Cervantes und seine Bearbeitung durch Lesage.


Von
MARTIN WOLF.


Erster Teil.

Avellaneda und Cervantes.

Nachdem Cervantes neun Jahre lang auf den versprochenen zweiten Teil seines Don Quijote hatte warten lassen, erschien im Jahre 1614 ein apokryphischer zweiter Teil unter dem Titel: Segundo Tomo del ingenioso Hidalgo Don Quixote de la Mancha por el Licenciado Alonso Fernandez de Avellaneda. Sicher hätte man diesem Buche in der Folgezeit ebensowenig Beachtung geschenkt wie anderen minderwertigen Fortsetzungen von bedeutenden Werken, wenn nicht Cervantes selbst in seinem zweiten Teil die Nachwelt darauf aufmerksam gemacht hätte. Das Verbrechen des Plagiats ist jedoch für jene Zeit nicht so selten und in unserem Falle nicht so gross, wie es nach dem Verhalten des Cervantes und den Aussprüchen späterer Beurteiler Avellanedas scheinen möchte. Wir sehen in dem falschen Don Quijote nur ein neues Beispiel jener Fortsetzungsmanie, die in der spanischen Litteratur des 16. und 17. Jahrhunderts auftritt, und der wenig Werke von einiger Bedeutung entgangen sind. Die Celestina des Fernando de Rojas eröffnet mit etwa zwanzig Fortsetzungen und Nachahmungen den Reigen. Ihr schliessen sich an der Amadis de Gaula und andere berühmte Ritterromane, die Diana von Montemayor und der Lazarillo de Tormes. Unter ganz ähnlichen Umständen wie der falsche Don Quijote ist eine p2 Fortsetzung von Mateo Alemans Guzman de Alfarache entstanden, die 16021) in Valencia unter dem Pseudonym Mateo Luxan de Sayavedra (d. i. Iuan Marti, ein valencianischer Advokat) erschienen ist. Während sich hier der Entlarvung des Pseudonyms infolge der deutlichen Hinweise Alemans keine Hindernisse entgegensetzten, ist die Frage nach dem Verfasser des Pseudo-Don Quijote bis zum heutigen Tage nicht in befriedigender Weise beantwortet worden. Denn wir haben es auch hier mit einem Decknamen zu tun. Da das Buch selbst keine Anhaltspunkte bot, haben die Nachforschungen in der Hauptsache an die Vorrede Avellanedas und an Cervantes’ Äusserungen angeknüpft. So ist es auch gekommen, dass man das Werk Avellanedas bisher noch nicht auf seinen litterarischen Wert oder wenigstens auf seine litterarische Stellung geprüft hat. Dies zu tun, habe ich in dieser Arbeit unternommen und ich hoffe, dass eine Vergleichung des falschen Don Quijote mit seinem Vorbilde auch fruchtbar für die Beurteilung des Originalwerkes sein wird. Für die französische Litteratur hat Avellanedas Buch einige Bedeutung, weil Lesage mit einer freien Bearbeitung desselben seine Laufbahn als Romanschriftsteller eröffnete. Über diesen Erstlingsroman soll der zweite Teil dieser Arbeit handeln.

1. Aufnahme und Verbreitung.

Avellanedas Fortsetzung des Don Quijote scheint keinen Erfolg gehabt zu haben. Die Zeitgenossen schweigen vollkommen darüber; selbst in dem umfangreichen Briefwechsel Lope de Vegas2) mit dem Herzog von Sessa, in dem sonst alle litterarischen Ereignisse von einiger Wichtigkeit ihren Widerhall fanden, wird sie nirgends erwähnt. Das einzige Zeugnis über Avellanedas Buch aus dem 17. Jahrhundert ist eine kurze Notiz in Nicolas Antonio, Bibliotheca Hispana Nova (1672–79)3), die nicht viel mehr enthält, als was schon der Titel des Buches sagt. Im 17. Jahrhundert ist keine neue Auflage erschienen, so dass das Buch zur p3 Zeit Lesages1) schon äusserst selten war. Es ist mir daher unbegreiflich, wie Puisbusque2) fragen kann: „Pourquoi la prétendue suite d’Avellaneda, bien que remplie d’invectives contre l’auteur, a eu plus de succès que l’ouvrage même?“

Im ganzen sind sechs Ausgaben in spanischer Sprache erschienen.3)

In das Französische ist der Don Quijote Avellanedas zweimal1) p4 und in das Englische drei- oder vielleicht richtiger nur zweimal übersetzt worden2).

Von der französischen Bearbeitung des Lesage gibt p5 es sechs Ausgaben und ausserdem Übersetzungen ins Englische, Holländische und Deutsche1).

Daraus geht hervor, dass Avellanedas Fortsetzung nur in der Fassung von Lesage einige Aufnahme gefunden hat. Von den sechs spanischen Ausgaben gehen drei aus rein wissenschaftlichem Interesse hervor. Gleichwohl finden wir in der französischen Litteratur nirgends Spuren von Lesages Buch.

Eine Übersetzung von Lesages Don Quichotte muss auch in Popes Hände gelangt sein und ihm Stoff zu einer Bemerkung in seinem Essay on Criticism2) geliefert haben. Für eine Stelle in Sternes Sentimental Journey3), die Becker4) anführt, ist das Vorbild bei Lesage Cap. 10 zu suchen.

2. Die Verfasserfrage.

Die häufigen Anspielungen, die Cervantes vom 59. Kapitel des zweiten Teiles ab auf Avellaneda macht, und die Leidenschaftlichkeit, mit der er auf seine Angriffe antwortet, mussten jeden Leser einer p6 späteren Zeit stutzig machen. Die Zeitgenossen wussten vielleicht ganz genau, mit wem sie es zu tun hatten. Seit es eine Cervantesbiographie gibt, ist daher auch seinem Nachahmer besondere Aufmerksamkeit zu teil geworden. Nachdem es einmal feststand, dass man ein Pseudonym vor sich hatte, — es hätte dazu nicht erst der Beweise von Isidro Perales1) bedurft —, trat die Frage nach dem wahren Verfasser des unechten zweiten Teiles in den Vordergrund. Denn von ihrer Lösung erhoffte man auch Aufschlüsse über die litterarischen Streitigkeiten des Cervantes und die im ersten Teil enthaltenen Anspielungen. Aber trotz der nunmehr etwa hundertundsechzig Jahre währenden Bemühungen der Cervantisten, den Plagiator zu entlarven, ist bis jetzt noch keine befriedigende Lösung der Autorfrage geliefert worden.

Gregorio Mayans y Siscar2), der erste Biograph des berühmten Spaniers, drückt sich noch sehr zurückhaltend aus: „Aquellas palabras (Vorrede zum 2. Teil) Señor i Grande son misteriosas para mi; i sea lo que fuere: Yo estoi persuadido á que el enemigo de Cervantes era mui poderoso, quando un Escritor, Soldado, animoso i diestro en el manejo de la pluma i de la espada, no se atrevió á nombrarle. Si ya no es que fuese hombre tan vil, i despreciable, que ni aun quiso que se supiese su nombre para que con la misma infamia no lograse alguna fama.“ Wenn Cervantes Avellaneda señor autor nennt, so drückt das kaum Hochachtung aus, Grande nennt er ihn dagegen nirgends; es scheint mir dies auf einem Missverständnis zu beruhen (— la (affliccion) que debe tener este señor sin duda es grande...)

Hatte der Padre Murillo in seiner Geografía histórica (1752) behauptet, dass Avellaneda ein Geistlicher gewesen sein müsse, geht Vicente de los Ríos3) weiter und meint, er, müsse als Geistlicher die dritten Weihen empfangen haben. Ausserdem nimmt er den aragonesischen Ursprung nach D. Q. Cap. 59 als sicher an und vermutet in ihm einen Komödiendichter, der sich durch eine versteckte Kritik seiner Komödien im 1. Teil verletzt gefühlt habe. Erstere Annahme sucht Pellicer4) noch durch einige Beispiele aus der Sprache des Buches p7 besser zu begründen. Ferner behauptet er, dass Avellaneda ein Dominikaner war, wegen der häufigen Erwähnung dieses Ordens in seinem Buch und wegen der hervorragenden Rolle, die der Marienkult und die Rosenkranzverehrung darin spielen. In zwei vejámen, die im Codex Fernan Nuñez enthalten sind und einem certámen entstammen, das am 16. Oktober 1614 bei Gelegenheit der Seligsprechung der Santa Teresa de Jesús in Zaragoza stattfand, glaubte er Anspielungen auf Avellanedas Werk zu finden. Indessen ist das wenig wahrscheinlich. Vielmehr wird es sich auf einen Studenten1) beziehen2), der in der Maske Sancho Panzas an dem certámen teilgenommen und keinen Preis erhalten hatte. Es lautet: „Á Sancho Panza, estudiante, / Oficial ó paseante, / Cosa justa á su talento, / Le dará el verdugo ciento3), / Caballero en Rocinante.“ Ganz ähnlich ist der Inhalt des anderen Spottgedichtes. Die verhältnismässig schonende Behandlung, die Cervantes seinem Gegner angedeihen lässt, sucht Pellicer dadurch zu erklären, dass Avellaneda sich als Dominikaner und Aragonese der Protektion des Beichtvaters des Königs, Fray Luis de Aliaga, erfreut habe4).

Somit waren einige Punkte festgelegt, die zur Bestimmung des Verfassers dienen konnten. Für die nun zu besprechenden Hypothesen, die auf eine bestimmte Persönlichkeit abzielten, kann man unter Benutzung des eben behandelten Materials folgende Leitsätze aufstellen:

1.  Avellaneda muss im 1. Teil in irgend welcher Weise verletzt worden sein (vgl. seine Vorrede).

2.  Diese Beleidigung ist enthalten in irgend welcher persönlichen Anspielung (sinónimos voluntarios?), in dem escrutinio (D. Q. I, 6) oder in der Kritik der Komödie (D. Q. I, 48).

3.  Er war Komödiendichter, mindestens aber Schriftsteller.

4.  Er war ein Freund Lope de Vegas (vgl. Vorrede Avellanedas).

5.  Er muss, wenn er nicht Mönch war, wenigstens Theologie studiert p8 haben (cf. Pellicer, a. a. O.  S. 159 ff.).

6.  Er war Aragonier (D. Q. II, 59).

7.  Er kannte Zaragoza und Alcalá (Av. Cap. 22, 23 u. 26).

Seit Cean Bermudez als erster im Jahre 1808 eine bestimmte Persönlichkeit als den Verfasser des Don Quijote bezeichnet hat, nämlich den Pater Blanco Paz aus Estremadura, sind eine ganze Menge neuer Hypothesen zum Vorschein gekommen. Da diese zum Teil von selbst fallen (Luis de Granada gest. 1595, Pedro Liñán gest. 1609, Gabriel Tellez, der bis 1613 überhaupt nicht als Schriftsteller hervorgetreten ist), zum Teil auch von anderer Seite widerlegt worden sind (Alarcon, Argensola, Andrés Perez etc.) können wir uns hier auf solche beschränken die entweder durch ihren jüngeren Ursprung oder durch die mehrfache Unterstützung, die sie gefunden haben, eine besondere Besprechung heischen.

Am erfolgreichsten war die viel umstrittene Aliagatheorie, die 1846 von Adolfo de Castro1) aufgestellt wurde und trotz des 1872 von Tubino2) gelieferten Gegenbeweises in neuerer Zeit so an Bedeutung gewonnen hat, dass Don José Maria Asensio3) 1901 sie mit neuen Beweisen zu stützen suchte. Bisweilen wird daher die Autorschaft Aliagas als vollkommen sicher hingestellt4). Als ihre Anhänger haben sich auch La Barrera5) und Don Cayetano Rosell6) bekannt. Die Veranlassung zu der Hypothese Adolfo de Castro gab folgendes Gedicht des Grafen Villamediana7):

„Sancho Panza, el confesor
Del ya difunto monarca,
Que de la vena del arca
Fué de Osuna sangrador,
El cuchillo de dolor
Lleva á Huete atravesado
p9 Y en tan miserable estado,
Que será, segun he oido,
De inquisidor inquirido,
De confesor confesado.“

Dieses Gedicht, das zu den zahlreichen Spottversen gehört, die den Sturz Aliagas1) im Jahre 1621 begleiteten, bezieht sich auf einen Prozess des Herzogs von Osuna, bei dem Aliaga diesem Dienste geleistet und sich dafür hatte bezahlen lassen2). Die Vertreter der Aliagatheorie behaupten, dass Aliaga den Spottnamen Sancho Panza und zwar von Jugend geführt habe, und sehen auch in den bereits zitierten Cuadrillos aus dem Certamen von Zaragoza Anspielungen auf ihn. Cervantes hatte ihn dadurch beleidigt, dass er den Spottnamen des Paters seinem Schildknappen beigelegt habe. Mit mehr Recht wird man wohl annehmen dürfen, dass Villamediana dem Beichtvater den Namen Sancho Panzas gegeben hat, indem er in ironischer Weise auf des Knappen uneigennützige Verwaltung der Insel Barataria Bezug nimmt. Ob Cervantes Aliaga, der bis zum Jahre 1602 sein Kloster in Zaragoza nicht verlassen hat, zur Abfassungszeit des ersten Teiles gekannt hat, lässt sich nicht feststellen. Allerdings hat er sich 1595 an einem poetischen Wettbewerb3) in Zaragoza beteiligt. Man weiss aber nicht, ob er auch persönlich dort gewesen ist.

Um Aliaga als Schriftsteller ausgeben zu können, schrieb man ihm ein pseudonymes Pamphlet gegen Quevedo zu: die Venganza de la lengua española contra el autor del Cuento de Cuentos, por Don Juan Alonso Laureles, caballero de habito y peon de costumbre, aragones liso y castellano revuelto. Huesca 16294).

Auf die Frage, ob überhaupt stilistische Ähnlichkeiten zwischen dieser Schrift und dem Don Quijote von Avellaneda bestehen, werde ich später zurückkommen. Die Verfasserschaft Aliagas ist schon deshalb unmöglich, weil diese Streitschrift frühestens 1628 verfasst ist, der Exbeichtvater aber bereits 1626 gestorben ist. Diese Datierung verlangen p10 die Anspielungen auf Quevedos Sueños1) (1627) und auf seinen Discurso de todos los Diablos (1628)2). La Barrera glaubt in einer Episode des D. Q. (II, 61) eine Anspielung auf Aliaga (Stachelginster = aliaga) zu sehen. Endlich hat Asensio aus den Anfangsworten des Avellaneda’schen Werkes ein Anagramm herausgelesen: „El sabio Alisolan, historiador no menos moderno que verdadero, dice que siendo expelido los moros agarenos...“ Schliesslich hat ein Anagramm den Zweck, dass es dem Leser sofort in die Augen fällt. Das tut dieses aber nicht. Was endlich die Verfasserschaft Aliagas vollkommen unmöglich erscheinen lässt, ist seine Stellung. In den Jahren 1609–1613, wo ein grosser Teil der Regierungsgeschäfte auf seinen Schultern ruhte, wird er kaum Zeit gehabt haben, einen Roman zu schreiben. Ihm standen ja auch andere Mittel zu Gebote, wenn er sich für irgend etwas an Cervantes hätte rächen wollen. Ich glaube, dass sich aus dieser vielleicht etwas flüchtigen Prüfung der Hypothese Adolfo de Castros ergeben hat, dass der Beichtvater Luis Aliaga nicht mit dem Verfasser des falschen Don Quijote identisch sein kann.

Gewisse Ähnlichkeit mit dieser Hypothese in der Verwendung des Beweismaterials hat eine andere, die von Marcelino Menendez y Pelayo3) aufgestellt wurde. Unter den im Zaragozaer Certámen genannten Dichtern wählte er sich einen aus: Alonso Lamberto, der sich schon deshalb für seine Zwecke eignete, weil man nicht das Geringste von ihm weiss. Aus den Buchstaben der ersten vier Wörter des Buches setzt er sich den Namen zusammen und erklärt auch Solisdán (De Solisdán á Don Quixote, Soneto) als eine Umstellung von Don Alonso. Groussac4) wird wohl das Richtigere getroffen haben, wenn er in Solisdán ein Anagramm von Lasindo5) sieht. Ein näheres Verhältnis Lambertos zu Lope de Vega ist ebenso wenig erwiesen, wie seine Verwandtschaft mit Don Martin Lamberto Iñigues, die übrigens nicht genügen würde, um ihn als berufsmässigen Schriftsteller zu kennzeichnen.

Menendez y Pelayo hält es nicht für unmöglich, dass auch die p11 bereits erwähnte Venganza de la lengua española von Alonso Lamberto stammt. Da müsste man doch erst einmal feststellen, ob wirklich Stilähnlichkeiten1) zwischen Laureles und Avellaneda bestehen. Die Venganza ist ein Erzeugnis der aus streng religiösen Kreisen hervorgehenden Opposition gegen Quevedo, die noch mehr Streitschriften2) gegen ihn geliefert hat. Die Polemik gegen die sprachlichen Bestrebungen dieses Satirikers im Cuento de Cuentos (1626), der den Kampf gegen die sprichwörtliche Ausdrucksweise im Spanischen wiedereröffnet, den der Verfasser im Jahre 1600 mit einer Pregmática3) begonnen und in der Visita de los chistes fortgeführt hatte, dienen dem Pamphletisten nur als Vorwand für andere Anklagen. In philologischer Hinsicht dürfen wir ihm allerdings Recht geben. Doch, er hält sich nicht lange mit diesen Fragen auf, bald geht er, seiner eigentlichen Absicht entsprechend, zum Kernpunkt seiner Gegnerschaft über, indem er darauf aufmerksam macht, welche Gefahr in moralischer4) und religiöser Beziehung die Werke Quevedos durch die Verspottung des geistlichen Standes5) in sich bergen. Die ganze schlau berechnete Art seiner Polemik, bei der er immer wieder darauf zurückkommt, dass er dem Autor im Grunde wohl wolle und ihm anrate, etwas vorsichtiger zu sein und Lope de Vega nachzuahmen, ist grundverschieden von dem unvorsichtigen, täppischen Zuschlagen Avellanedas. Die angebliche Ähnlichkeit in dem Stile der beiden Schriftsteller habe ich nicht finden können, zumal da nicht gesagt wird, worin sie eigentlich p12 bestehen soll. Vielmehr hat die Venganza eine Stileigenheit, die ich an Avellaneda nicht bemerkt habe, ich meine das Spielen mit gleichlautenden Worten verschiedener Bedeutung und verschiedenen Worten gleichen. Stammes z. B.: „me duele su tentada flaqueza, desatentada lengua, y papeles hechos á tiento de pintor“ etc. und „mire que es religioso, y debe ser sacrolego, pero no sacrilego“. Ich kann daher nicht an die Identität des Verfassers der Venganza mit dem Verfasser des falschen Don Quijote glauben.

Somit müssen wir auch die Hypothese Menendez y Pelayos, auf die er übrigens selbst nicht viel Gewicht legt, aufgeben.

Einen Fortschritt in der Methode bedeutet die von Groussac1) gegebene Lösung der Verfasserfrage. Er stützt sich auf Beobachtungen sprachlicher Natur, die ihm dazu dienen sollen, nachzuweisen, dass Avellaneda und Juan Martí, der Verfasser des falschen Guzman, ein und dieselbe Person sind. Die bereits von Pellicer angeführten Aragonismen und einige neue Beispiele gibt er als Valencianismen aus und sucht dafür Entsprechungen bei Juan Martí. Pellicer2) bezeichnet folgende Ausdrücke als aragonesisch: „Califica (Cervantes) el lenguaje (de Avellaneda) de aragonés, porque tal vez escribía sin articulos, y pudiera haber alegado otras pruebas no menos convincentes que copiosas como son: 1. en salir de la carcel, por en saliendo ó habiendo salido; 2. á la que volvió la cabeza, por habiendo vuelto la cabeza; 3. escupe y le pegaré, por le castigaré; 4. hincar carteles, por fixar ó pegar; 5. poner la escudilla en las brasas, por poner la taza sobre las asquas; 6. el señal, por la señal; 7. menudo, por mondongo; 8. mala gana, por congoja, desmayo ó vaguido, y 9. aquel tratarse las personas de impersonál como ‚mire, oyga, perdone‘.“

Das von Cervantes angeführte Kriterium für den aragonesischen Ursprung kann nicht allzu schwer ins Gewicht fallen, wenn man die Fälle betrachtet, in denen Avellaneda den Artikel auslässt: „ello es verdad que no todas (las) veces nos salían las aventuras como nosotros querian“ und „con esto hacía toda (la) resistencia que podía para soltarse.“ Im Katalanischen3) ebenso wie im älteren Spanisch kommt todo ohne Artikel vor: „en todas guisas“ (Amadis), „porque en invierno p13 no es menester fresco, y en verano no lo hay todas veces“ (P. de Mejía, Coloquio del porfiado), „no podian ejecutar las temas de sus locuras todas veces“ (Quevedo, Casa de locos de amor). Eher als durch diesen Gebrauch wird Cervantes durch den Druckort Tarragona auf die Vermutung gekommen sein, dass der Verfasser Aragonese war.

Von den sonst bei Pellicer angeführten Beispielen sind escudilla, menudo, pegar, brasas im Wörterbuch der Akademie als castilianisch verzeichnet. Die unpersönliche Anrede gehört nach Borao1) der Mönchssprache an. Es bleibt also noch zu behandeln:

1.  en mit Inf. für al mit Inf. Ausser dem Beispiel Pellicers noch: „y la primera cosa que hizo en despertar fué preguntar á Sancho por la reina Cenobia“ (86b). Sonst finden wir stets al (5a, 11b, 22b, 27b, 82b etc.). In dem falschen Guzman bemerken wir dasselbe Schwanken zwischen en und al. Morel-Fatio meint, dass die zwei Fälle en gegenüber den vielen Fällen al bei Avellaneda auf Rechnung des aragonesischen Druckers gesetzt werden könnten.

2.  á la que ... ist allerdings eine Besonderheit, die ich sonst bei keinem Schriftsteller jener Zeit gefunden habe. Es steht elliptisch für á la ora que. Ob im Katalanischen etwas Ähnliches vorkommt, ist mir nicht bekannt. Das von Groussac angeführte Beispiel aus Juan Martí (364): „á cuatro que le refieren“ etc. gehört nicht hierher.

3.  señal als m. findet sich einmal bei Avellaneda und würde ein Katalanismus sein (lo senyal)2). Sonst sagt er: „la señal acostumbrada“ (60a), „me hize esta señal en el rostro“ (69b), „con una señal de una espada de fuego ... otra señal parda de color de acero“ (26b) etc. Nichts bei Juan Martí.

4.  mala gana = Unwohlsein ist ein Katalanismus: einmal bei Avellaneda (97a) und zweimal bei Juan Martí (373b und 376b).

Das Verzeichnis Pellicers hat Groussac noch um einiges bereichert: zorriar, buen recado (bastante), repostona, otorgar (confesar), aun (así), aunque (puesto que), hendo (haciendo), repapo, pedir de (preguntar por), partera (parida).

1.  zorriar = zurriar (der Wechsel von o und u ist nicht wesentlich) ist castilianisch und findet sich auch bei Quevedo. Ich habe es in keinem katalanischen Wörterbuch gefunden. Nicht bei Juan Martí.

2.  repostón, — a (8a, 65a, 83b und 110b) — Borao: „Hemos p14 oido muchas veces esa palabra, usada hoy sin distincia de clases.“ Ich habe es aber in keinem katalanischen Wörterbuch gefunden.

Die Bildung ergibt sich leicht aus repuesto + Suffix -ón.

2. á buen recado hat nicht den Sinn von bastante: ¡Buen recado se tiene! (111a) heisst: Der ist unter sicherm Verschluss. Übrigens ist es gut kastilianisch.

3.  otorgar, aun und aunque in den von Groussac angegebenen Bedeutungen sind nicht auffindbar.

4.  Hendo und her: in der familiären Sprache von ganz Spanien, werden auch von Cervantes gebraucht.

5.  repapo: „Sancho durmió aquella noche muy de repapo“ (15a). Borao citiert es, kennt aber keine sonstigen Belege. Wenn wir es nicht als eine Neubildung zu papo (essen = henchir lo papo, kat. omplir lo pap, oder de referto papo) ansehen, könnte man es zu kat. repaparse = repantigarse stellen. Dann würde es allerdings ein Katalanismus sein.

6.  pedir de: findet sich nicht bei Avellaneda, dafür aber oft preguntar por (13b, 25b, 41b, 43b, 46a etc.). Wenn es vorkäme, wäre es auch kein Katalanismus1).

7.  partera für partida: Katalanismus. „Se diu de la femella que fa poch temps ha parit.“ (Labernia y Estellez.)

8.  henchir = llenar ist kastilianisch (Covarrubias).

9.  buena voya: italienisches Lehnwort (buona voglia — der Freiwillige auf der Galeere).

So bleiben als katalanisch partera, mala gana und vielleicht repapo. Trotzdem ist nicht ausgeschlossen, dass Avellaneda ein Aragonese war. Mir kam es nur auf den Beweis an, dass die genannten Besonderheiten zu einem Identitätsnachweis unbrauchbar sind.

Dagegen hat Avellaneda eine Vorliebe für gewisse Wendungen, die wir wieder nicht bei Juan Martí finden z. B. ello es verdad, no entender la música, hacer pelillos á la mar etc. Besonders charakteristisch für ihn ist, wie schon Morel-Fatio bemerkt, der ausgiebige Gebrauch, den er von der Praeposition tras macht. Das Verhältnis der Anwendung dieser Praeposition bei beiden Schriftstellern stellt sich, wie folgt (zu beachten ist, dass der falsche Guzman um ein Drittel kürzer ist als der Don Quijote):

p14
AvellanedaJuan Martí
Praep.tras5419Fälle
tras de24
tras esto425
tras lo cual29
tras que13
tras c. Inf. 7
tras de c. Inf. 1

Andrerseits hat Juan Martí eine besondere Vorliebe für die Formel aunque — pero (resp. empero), die er 24 mal anwendet gegen keinmal bei Avellaneda, z. B. „Y aunque yo tampoco miraba por el mío (provecho), pero tenía hecha costumbre de casa de monseñor.“

Avellaneda bevorzugt ferner Satzanschlüsse durch ein Demonstrativum: neben tras esto auch con esto, en esto, oyendo esto, con esta quimera etc. Eine stilistische Verwandtschaft zwischen beiden Schriftstellern ist demnach ausgeschlossen.

Aber, wie Groussac bemerkt, dürfen wir nicht allzu viel Vertrauen in eine sprachliche Vergleichung setzen, da sich der Stil eines Menschen in der Zeit von zehn Jahren bedeutend ändern kann. Er sucht daher die Reflexe derselben Persönlichkeit in beiden Werken nachzuweisen. Gewisse Zitate scheinen ihm auf der Grundlage einer gleichen Bildung zu beruhen. Mir macht es aber den Eindruck, als ob Juan Martí in seinen überreichlichen Zitaten mehr Gelehrsamkeit zeigt als Avellaneda mit seinen paar Fetzchen Latein, die nicht einmal überall richtig sind („parcere prostratis docuit nobis — statt nosira leonis“; der Ausspruch: „est deus in nobis“1) ist nicht von Horaz sondern von Ovid). Die zweimalige Nennung der Cenobia im Guzman soll schon auf die Cenobia des Don Quijote hindeuten, eine einmalige Erwähnung Lope de Vegas auf die Freundschaft Avellanedas mit ihm, ebenso die ausführlichen Betrachtungen über Gefängnis und Theater auf die spärlichen Urteile über die gleichen Gegenstände bei Avellaneda. Die Kenntnis des weltlichen und kanonischen Rechtes, die Avellaneda wie Juan Martí besitzen soll, beschränkt sich auf eine einmalige Nennung der bula de composicion. Den falschen Guzman beherrscht ein ganz anderer Geist als den Pseudo-Don Quijote. Nichts liegt Avellaneda ferner als jene Lust am Philosophieren und Moralisieren, die Juan Martí oft zu p16 seitenlangen Betrachtungen über alle möglichen Dinge veranlasst. Avellaneda ist knapper in der Darstellung und familiärer im Ausdruck. So wird man bei beiden mehr Verschiedenheiten als Berührungspunkte finden. Wir müssen also auch über die Hypothese Groussacs den Stab brechen und kommen zu dem letzten zu besprechenden Lösungsversuch der Verfasserfrage.

Avellaneda sagt in der Vorrede, dass er auch für die Beleidigungen, die von Cervantes Lope de Vega zugefügt wären, an ihm Rache nehmen wolle. Sollte sich nicht etwa Lope de Vega selbst hinter dem Pseudonym verbergen? Bei der Rivalität zwischen beiden Dichtern, die jeden mit dem andern auf dessen Gebiet wetteifern liess, Lope de Vega in der Prosa, Cervantes im Lustspiel, lag der Gedanke daran sehr nahe. Aber es spricht vieles von vornherein gegen diese Hypothese, die von Mainez1) aufgestellt wurde. Erstens muss sich das Verhältnis zwischen beiden Dichtern, das beim Erscheinen des ersten Teiles des Don Quijote äusserst gespannt war, mit der Zeit etwas gebessert haben. Denn im Jahre 1612 finden wir beide in der Academia Selvaje. Lope de Vega erzählt selbst in einem Brief an den Herzog von Sessa, dass er sich bei einer Akademiesitzung von Cervantes eine Brille zum Lesen eines Gedichtes geborgt habe, deren „Gläser ausgesehen hätten wie ein paar schlechtgemachte Spiegeleier“2). Auch in ihren späteren Werken sprechen beide nur im Tone der grössten Hochachtung von einander. Zweitens sind auch nicht die geringsten Ähnlichkeiten in dem Stile Lopes und Avellanedas vorhanden, obgleich Mainez das Gegenteil behauptet3). Ich traue mir nicht zu, über diesen Punkt treffender zu urteilen, als dies Menendez y Pelayo getan hat: „Dass Lope der Verfasser des Don Quijote von Avellaneda ist, ist höchst unwahrscheinlich. Der so charakteristische Stil dieses Romans hat nichts mit der Manier zu tun, die Lope als Prosaist hatte. Er ähnelt weder der poetischen und latinisierten Prosa der Arcadia oder des Peregrino en su patria, noch der ungezwungenen und eleganten historischen Prosa des Triunfo de la fé en los reinos del Japón, noch der angenehmen, natürlichen, ausdrucksvollen und anmutigen Diktion vieler Scenen der Dorotea, die bisweilen mit der Celestina zu wetteifern p17 sucht, schliesslich auch nicht dem possenreisserischen Witz der Privatbriefe, die, wenn sie auch den Verfasser wenig ehren, von grossem Wert für die Beurteilung seines Geistes und Humors sind. Aber auch in dieser privaten Korrespondenz, wo der grosse Dichter oft ohne Anmut alle Schranken durchbricht, gibt es nichts, was der unanständigen Plumpheit Avellanedas gliche. Wenn er für das Publikum schreibt, verfährt er, sobald er Bilder von schlechten Sitten zeichnet, die in seinem ungeheuren Theater nicht fehlen durften, wenn es wirklich ein vollkommenes Abbild der menschlichen Komödie sein sollte, mit einer gewissen Sparsamkeit und einem guten Geschmack, den Avellaneda nie besass. So in der Dorotea selbst, in dem Ansuelo de Feniza, dem Rufián Castrucho, dem Arsenal de Sevilla. Niemals, auch nicht in der grössten Ungebundenheit, lässt sich die edle Muse Lopes und Tirsos mit dem brutalen Realismus Avellanedas vergleichen, der diesem allein unter allen Schriftstellern jenes Jahrhunderts eigen ist.“

Hiermit will ich meine Erörterungen über die Verfasserfrage schliessen, ohne dass ich mit gutem Gewissen einer der bis jetzt beigebrachten Lösungen hätte beistimmen können. Ich bin auch nicht im stande, das Rätsel auf eine neue Art zu lösen, da die Namen der verfügbaren Romanschriftsteller jener Zeit bereits erschöpft sind. Wenn nicht noch neues Beweismaterial hinzukommt, wird es kaum gelingen, eine befriedigende Antwort auf die Frage nach dem Verfasser zu geben. Trotzdem glaube ich nicht, dass schon das letzte Wort über Avellaneda gesprochen ist. Denn, so oft man von dem unsterblichen Werk des Cervantes reden wird, wird man auch mit Verachtung seinen kühnen Nachahmer nennen. Er wird seine Ahasverrolle in der Litteraturgeschichte weiterspielen und vielleicht noch einigemale unter neuen Namen auftauchen.

Wenn wir auch aus der Betrachtung der Verfasserfrage keinen positiven Gewinn gezogen haben, so hat sie uns doch wenigstens einen Vorteil gebracht. Sie hat uns darauf hingeleitet, uns ein Urteil über den Stil und die Person des Verfassers zu bilden. Das wird uns von besonderem Nutzen sein, wenn wir jetzt zur Prüfung des Werkes selbst schreiten.

3. Avellanedas Absichten und der Einfluss seines Werkes auf die Vollendung des zweiten Teiles von Cervantes’ Don Quijote.

Als Cervantes in der Vorrede zu den Novelas exemplares das nahe bevorstehende Erscheinen des zweiten Teiles seines Don Quijote p18 in Aussicht stellte, hatte sein Nachahmer, der offenbar nichts davon wusste, dass Cervantes ebenfalls einen zweiten Teil schrieb, seine Fortsetzung ziemlich vollendet. Es ist daher begreiflich, dass ihn die Ankündigung des Cervantes in Aufregung versetzte. Denn der pekuniäre Gewinn, um den es ihm zunächst ohne Zweifel zu tun war, wurde dadurch in Frage gestellt. Da verfiel er auf das Mittel, seinem Buch durch einen Prolog voll von dunklen Anspielungen und frechen Angriffen auf Cervantes Zugkraft zu verschaffen. Dass es nicht in der ursprünglichen Absicht Avellanedas lag, Cervantes in seinem Buch persönlich zu verletzen, scheint mir daraus hervorzugehen, dass in dem Werke selbst persönliche Anspielungen1) jeder Art fehlen.

Cervantes wurde durch die in Avellanedas Vorrede enthaltenen Beleidigungen schwer getroffen und antwortete mit mehr Leidenschaftlichkeit darauf, als er nötig gehabt hätte. Am meisten fühlte er sich dadurch verletzt, dass Avellaneda über sein Alter und seine Einarmigkeit spottet. Denn den Arm hatte er in ehrenvoller Schlacht verloren, die Erfahrenheit seines Alters konnte seinen Büchern nur von Nutzen sein. Cervantes war gerade dabei, das 59. Kapitel seines zweiten Teiles zu schreiben, als ihm der apokryphische Don Quijote bekannt wurde. Von diesem Kapitel an kritisiert er ihn fortwährend. Allerdings hat er hierbei nicht die schwächsten Punkte des Buches getroffen.

Wenn Avellaneda Sanchos Frau Mari-Gutierrez nennt, so ist Cervantes selbst daran schuld. Denn er wechselt fortwährend mit dem Namen: bald nennt er sie Mari-Gutierrez, bald Juana Gutierrez und erst im zweiten Teil Teresa Panza. Ebenso ist er mitschuldig, wenn Avellaneda Sancho als gefrässig2) darstellt. Damit hat dieser nur eine Eigenschaft Sanchos aufgenommen, die im ersten Teil vorübergehend erwähnt wird. Übrigens beweist Sancho bei der Hochzeit Camachos (II, 21) eine Esslust, die dem Sancho Avellanedas alle Ehre machen würde. Vollkommen Recht hat aber Cervantes, wenn er dem Buch Obscönität vorwirft.

Der Pseudo-Don Quijote ist nicht ohne Einfluss auf die Schlusskapitel des echten Don Quijote gewesen. Da Avellaneda seinen Helden gemäss einer Andeutung, die Cervantes im letzten Kapitel des ersten p19 Teiles macht, nach Zaragoza führt, musste der Dichter von seinem ursprünglichen Plane abweichen und den Ritter nach Barcelona ziehen lassen.

Die nun folgenden Kapitel stehen nicht auf der Höhe des Übrigen. Man sieht ihnen den Ärger und die Unlust an, die Cervantes nach dem frechen Plagiat, das an ihm begangen war, empfand. Die Darstellung der Vorgänge in Barcelona ist matt und farblos. Don Quijotes Narrheit tritt wenig in Aktion. Im ganzen scheint er weniger verrückt als die Leute albern, die sich über ihn lustig machen wollen. Erst von da ab nimmt die Erzählung wieder einen flotteren Gang an, wo der deus ex machina Sanson Carrasco der Laufbahn Don Quijotes als fahrender Ritter ein Ziel setzt. Der ursprüngliche Plan kommt wieder zur Geltung, und die Handlung steuert schnell und folgerichtig dem Ende zu.

Cervantes will uns zwar glauben machen, dass er das Buch seines Rivalen nicht gelesen habe, einige vielleicht unbeabsichtigte Reminiscenzen daraus aber beweisen das Gegenteil. Man vergleiche folgende Stellen:

AvellanedaCervantes
„.... nos están aguardando con una muy gentil olla de vaca, tocino, carneros, nabos y berzas, que está diciendo: cómeme, cómeme.“ (Cap. IV.) „Señor huesped, dijo el ventero, lo que real y verdaderamente tengo son dos uñas de vaca que parecen manos de ternera, ó dos manos de ternera que parecen uñas de vaca: están cocidas con sus garbanzos, cebollas y tocino, y la hora de ahora están diciendo: cómeme, cómeme.“ (II, 59.)
Nachdem Sancho einen Kapaun und ein Dutzend Würstchen (albondiguillas) gegessen hat, verzehrt er noch: „cuatro pellas de manjar blanco ... las otras dos que dél le quedaban se las metió en el seno con intención de guardarlas para la mañana.“ (Cap. XII.) „Acá tenemos noticia, buen Sancho, que sois tan amigo de manjar blanco y de albondiguillas que si os sabran las guardáis en el seno para el otro día.“ (II, 62.)
Don Carlos fragt Sancho, ob er tanzen kann: „Pardiobre, señor, que voltearía yo lindisamente, recostado ahora sobre dos ó tres jalmas.“ (Cap. XII.) Bei dem Ball zu Barcelona spricht Sancho über das Tanzen: ... „zapateo como un girifalte: pero en lo del danzar no doy puntada.“ (II, 62.)

Die drei tocadores, die Sancho von den Räubern gestohlen werden, p20 erinnern an die drei Dutzend agujetas, die ein Pikaro dem Knappen in Zaragoza wegnimmt. (II, 67 und Avellaneda Cap. XI.)

Die Ähnlichkeiten, die sich auch in den Kapiteln 1–58 des zweiten Teiles finden, haben zu mancherlei Vermutungen Anlass gegeben. Dass Cervantes hier Avellaneda nachgeahmt hat, scheint mir ausgeschlossen. Andererseits würde eine Kenntnis des originellen zweiten Teiles bei Avellaneda deutlichere Spuren zurückgelassen haben. Die Ähnlichkeiten dieser Art sind kurz folgende: Der Zweikampf zwischen den Knappen Sancho und Tomé Cecial (II, 14) erinnert an den geplanten Zweikampf Sanchos mit dem schwarzen Knappen (Avellaneda Cap. XXXIII), das Verhalten Don Quijotes beim Puppenspiel (II, 26) an eine entsprechende Scene bei Avellaneda bei einer Theateraufführung (Avellaneda Cap. XXVII), die Vorgänge an dem Hofe des Herzogs an die im Hause des Archipampano. Irgend welche wörtliche Übereinstimmungen habe ich nicht bemerkt. Es bleibt schliesslich nichts weiter übrig, als die citierten Ähnlichkeiten aus der Gemeinsamkeit des Stoffes zu erklären1).

4. Das Werk Avellanedas.

Viel auffallender als die behandelten Anklänge an Avellaneda bei Cervantes sind nätürlich die Beziehungen zwischen dem Pseudo-Don Quijote und dem ersten Teil. Vor allzu wörtlichen Übereinstimmungen hat sich der Verfasser wohl gehütet, er lebt ja in einer literarisch interessierten Zeit, die ein derartiges Plagiat übel aufgenommen hätte. Mit Vorliebe wählt Avellaneda Situationen von derber Komik zur Nachahmung aus. Alles, was der erste Teil an Schmutz enthält, hat er sorgsam zusammengekratzt und durch die obscönen Erzeugnisse seiner eignen Einbildungskraft vermehrt.

Die Exposition der Fortsetzung ist durch den Schluss des ersten Teiles gegeben. Don Quijote ist durch die gute Pflege der Haushälterin und seiner Nichte wieder ganz vernünftig geworden. Er liest in Erbauungsbüchern (Flos Sanctorum von Villegas, der Guía de pecadores von Fray Luis de Granada und den „Evangelien und Episteln für das ganze Jahr in Vulgärsprache“) und besucht fleissig die Messe. Da erweckt Sancho durch die Erwähnung eines Ritterbuches die alte Narrheit in p21 ihm, die zum vollen Ausbruch kommt, nachdem einige Edle auf dem Wege zu den Turnieren von Zaragoza in dem Dorfe die Nacht verbracht haben. Einer von ihnen, Don Alvaro Tarfé, lässt bei Don Quijote eine Mailändische Rüstung zurück, die dieser sich sofort als ein Geschenk des weisen Alquife aneignet. Eines schönen Morgens verlässt er mit Sancho das Dorf, um sich ebenfalls zu den Turnieren von Zaragoza zu begeben. In der nächsten Herberge1) vollzieht sich alles nach dem Muster des ersten Teiles: Das Wirtshaus hat seine Maritornes2), die Don Quijote für eine gefangene Prinzessin hält und wieder in ihr Reich3) einzetzen will, Don Quijote weigert sich beim Fortgehen zu zahlen4). Wörtliche Anklänge fehlen nicht, z. B.:

Cap. V.  „Señor caballero, aqui no habemos menester cosa alguna, salvo que vuesa merced ó este labrador que consigo trae me paguen la cena, cama, paja y cebada, y vayanse trasesto muy en hora buena“. I, 17: „Solo he menester que v. m. me pague el gasto que esta noche ha hecho en la venta así de la paja y cebada de sus dos bestias como de la cena y camas etc.“

Nach sechs Tagen kommen die beiden Fahrenden nach Ariza, wo Don Quijote eine neue Devise auf seinen Schild malen lässt. Denn da er auf einen Brief5), den er an Dulcinea geschrieben hat, eine ungnädige Antwort bekommen hat, beschliesst er, die Liebe zu ihr aufzugeben und sich Caballero desamorado zu nennen. Er besteht ein Abenteuer mit einem Melonengärtner, den er bald Orlando furioso6), bald Aglante, bald Bellido de Olfos nennt. Der Ritter und Sancho werden verprügelt, und ihnen ihre Reittiere genommen7). Der Pfarrer von Ateca verpflegt sie acht Tage und macht beim Abschied Don Quijote etwa dieselben Vorstellungen über die Lügenhaftigkeit der Ritterbücher, wie der Kanonikus von Toledo (I, 48). Don Quijote geht p22 nach Zaragoza, wo er einen Gefangenen zu befreien sucht nach Muster der Befreiung der Galeerensklaven (I, 22). Er greift dabei einen Schreiber an, der sich vor dem Lanzenstoss auf dieselbe Weise rettet wie der Barbier (I, 21), nämlich, indem er rücklings von dem Esel heruntergleitet. Der Ritter wird durch das Eingreifen Don Alvaro Tarfés vor der drohenden Geisselung bewahrt und von ihm in sein Haus geführt1). Von hier ab begibt sich der Verfasser auf den Boden eigner Erfindung. Da das Turnier bereits vorüber ist, nimmt Don Quijote an einem Ringstechen teil: „no es cosa nueva en semejantes regocijos sacar los caballeros á la plaza locos vestidos y aderezados y con humos en la cabeza de que han de hacer suerte, tornear, justar y llevarse premios, como se ha visto algunas veces en ciudades principales y en la misma Zaragoza.“ Im Hause des Schiedsrichters Don Carlos, wo man zu abend isst, empfängt Don Quijote die Herausforderung Bramidans de Tajayunque (Ambossspalter), Königs von Cypern, eines Karnevalriesen, der auf den Schultern von des Gastgebers Sekretär ruht. In der folgenden Nacht träumt der Ritter, Bramidan sei ins Haus gedrungen und trachte der ganzen Bewohnerschaft nach dem Leben. In seinem Wahn prügelt er Sancho und die Dienerschaft2), bis Don Alvaro ihn beruhigt. Der Sekretär erscheint als Knappe des Riesen und bestellt Don Quijote zum Zweikampf nach Madrid, wohin Don Alvaro und Don Carlos wegen der Verheiratung von des letzteren Schwester ebenfalls gehen wollen. Unterwegs nach Madrid macht Don Quijote die Bekanntschaft eines Soldaten und eines Eremiten, mit denen er in Ateca bei Mosén Valentin einkehrt.

Am nächsten Tage macht man wegen der grossen Hitze an einer Quelle längere Rast und vertreibt sich die Zeit mit Geschichtenerzählen. Der Soldat gibt die Novelle El Rico desesperado zum besten, der Eremit den Cuento de los Felices Amantes, Sancho eine Erzählung p23Cuento de nunca acabar1) —, die identisch mit der I, 20 berichteten ist, nur dass es hier Gänse, dort Hämmel sind, die den Fluss zu überschreiten haben. Das nächste Abenteuer ist eine plumpe Travestie der Doroteaepisode. In einem Walde findet man heulend, an einen Baum gebunden, ein schmutziges, hässliches Weib von etwa fünfzig Jahren: Barbara la de la cuchillada, eine Garköchin aus Alcalá de Henares. Sie ist von einem Studenten, der ihr die Heirat versprochen hatte, in den Wald gelockt und ausgeraubt worden.

Don Quijote nennt sie Cenobia, Königin der Amazonen, und stellt sich in ihren Dienst. Ihre Hässlichkeit stört ihn nicht. Sie ist verzaubert. Dies unappetitliche Weibsbild — ein schöner Ersatz für Dulcinea — begleitet den Ritter auf seinen weiteren Fahrten und befleckt seine idealen Bestrebungen durch ihre schmutzige Gegenwart. Es ist dieser Teil und alles bis zum Ende folgende entschieden das Schlechteste an dem Buche, langweilig durch die ewige Wiederkehr derselben Motive, Prügeleien und Verhöhnung des Ritters, und abstossend durch die schlüpfrigen Situationen, die die Anwesenheit der Barbara, die im Grunde eine geriebene alcahueta ist, mit sich bringt.

Don Quijote hält verrückte Ansprachen, lässt Kartelle anheften, Sancho wird eingesperrt, von einigen Pikaros im Gefängnis gefoppt und wieder freigelassen. Überall erregen die beiden und ihre Begleiterin die Heiterkeit des Publikums. Auf dem Wege nach Alcalá trifft Don Quijote zwei Studenten, die ihm Rätsel aufgeben. In einer Herberge vor Alcalá stört er die Aufführung von Lope de Vegas Komödie El testimonio vengado.

Zum Scherz fordert ihn ein Schauspieler (als Don Carlos) zum Zweikampf in Madrid heraus und gibt ihm den Schwanzriemen eines Maultiers als Pfand, worüber sich ein Streit zwischen Sancho und dem Besitzer entspinnt2). Bei der Ankunft in Madrid erregt Don Quijote die Aufmerksamkeit eines hohen Würdenträgers und wird von diesem in sein Haus geladen, wo er Streitigkeiten mit einem Pagen und einem Polizisten hat. Nachdem man sich genügend über das Kleeblatt lustig gemacht hat, werden sie in das Haus eines andern Würdenträgers geschafft, der sich Archipampano nennt. Der Sekräter Don Carlos’, der p24 inzwischen ebenso wie Don Alvaro eingetroffen ist, erscheint wieder als Riese und entpuppt sich als Infantin Burlerina, die Don Quijote in dieser Verzauberung gefolgt ist, um ihn nach Toledo zur Hilfe gegen den Prinzen von Cordoba zu rufen. Dadurch wollen Don Alvaro und Don Carlos den Ritter nach Toledo ziehen, um ihn dort im Tollhause (casa del Nuncio) unterzubringen. Barbara wird in ein Altweiberspital (casa de arrepentidas) gehen. Sancho soll nebst seiner Frau, die er durch einen Brief herbeiruft, bei dem Archipampano bleiben. Der Verfasser nimmt Abschied von ihm, indem er noch eine besondere Geschichte über seine weiteren Schicksale verspricht.

Don Quijote findet im Tollhaus zu Toledo Aufnahme. Zum Schluss wird noch berichtet, dass er als geheilt entlassen von neuem seine Wanderungen als fahrender Ritter in Begleitung eines Knappen, von dem es sich später herausgestellt habe, dass es ein Weib war, unternommen und auf diese Weise Alt-Kastilien durchschweift habe, „llamándose el Caballero de los Trabajos, los cuales no faltará mejor pluma que los celebre“1).

Wenn wir das Fazit aus dieser Analyse ziehen, so sehen wir, dass der Verfasser bemüht gewesen ist, den ersten Teil möglichst im gleichen Sinne fortzusetzen. Es wäre aber wirklich ein Wunder, wenn ein Fortsetzer so weit in die Konzeption des ersten Verfassers eingedrungen wäre und sich so mit dessen Geiste identifiziert hätte, dass man sein Werk dem Vorbilde gleichstellen könnte. Stets werden die Gestalten des Originalwerkes in den Händen des Nachahmers etwas von ihrer ursprünglichen Frische und Kraft verlieren. Sie werden entweder schwächer und entfärbt oder überladen und karikiert sein. Avellaneda hat die Eigenheit zu übertreiben, indem er einzelne Züge, die ihm als besonders charakteristisch an seinem Vorbild erscheinen, gewaltsam hervorhebt.

Für seine Don Quijote-Gestalt musste Avellaneda die ursprüngliche Idee beibehalten. Don Quijote ist der „überspannte Leser“, der die Welt, wie sie seine Bücher schildern, für wirklich oder wenigstens für verwirklichungsfähig hält. Sonst hat sich manches in Don Quijotes Charakter geändert. Geradezu unangenehm wirkt bei Avellaneda die bis zur Geckenhaftigkeit ausgeartete Eingebildetheit des Ritters. Bald nennt er sich Cid, bald Fernan Gonzalez, bald Achilles oder p25 Ferdinand von Aragon. Dieser Zug ist umso auffallender, als der Verfasser es versäumt hat, eine andere Seite zu schildern, die die unsympathischen Eigenschaften in Don Quijotes Charakter zu mildern im stande ist: das Gemüt. Denn wir können nur so lange wahres Interesse für seinen Helden haben, als wir auch wirkliche Sympathie für ihn empfinden und seine Narrheit mit Mitleid ansehen.

Schon Cervantes hatte gerügt, dass Avellaneda seinen Ritter die Liebe zu Dulcinea aufgeben lasse. Er, der sich den treusten aller fahrenden Ritter, Amadis de Gaula, zum Muster genommen, musste seiner Dame treu bleiben. Sein phantastisches Liebesleben war sein ganzes Glück, sein Halt, seine Poesie. Cervantes drückt diesen Gedanken zweimal1) sehr schön aus: „El caballero andante sin dama es como el árbol sin hojas, el edificio sin cimiento, y la sombra sin cuerpo de quien se cause.“

Avellaneda ist bemüht gewesen auch die pathologische Seite in derselben Weise zu behandeln wie Cervantes. Hier wie dort ist Don Quijote ein loco entreverado. Trotzdem zeigen sich noch gewisse Unterschiede. Da wir in diesem Punkte mit rein aesthetischen Betrachtungen nicht weit kommen würden, möchte ich zunächst mit Hilfe von psychologischen Kriterien die Symptome von Don Quijotes Krankheit feststellen und klassifizieren.

Die Ursachen seines Übels lassen sich leicht erkennen. Er ist von Natur schwächlich gebaut, schlecht genährt und neigt zur Schwärmerei. Tag und Nacht liest er Ritterbücher, sodass er schliesslich vom vielen Lesen und wenigen Schlafen verrückt wird. Sein Hirn trocknet ein, sagt Cervantes, was ein moderner Arzt etwas gelehrter vielleicht mit Gehirnatrophie bezeichnen würde. Die Idee des armen Junkers, das fahrende Rittertum durch sein Beispiel wieder zu beleben, ist eine Art Grössenwahn.

Die Symptome seiner Krankheit bestehen in Sinnestäuschungen. Meistens ist er Apperzeptionsillusionen unterworfen, d. h. solchen Trugwahrnehmungen, deren Reizquelle in wirklichen Sinneseindrücken besteht, die durch subjektive, aus dem eignen Vorstellungskreise stammende Elemente verfälscht werden. Die Undeutlichkeit resp. Mehrdeutigkeit der Wahrnehmung begünstigt das Entstehen von Illusionen. Bei kranken oder auch nur psychisch geschwächten Individuen nehmen sie p26 die Schärfe wirklicher Sinneseindrücke1) an. Denn da sind die Bedingungen für die Entstehung von Auffassungverfälschungen ausserordentlich günstig: starke, gemütliche Erregungen, grosse Lebhaftigkeit der Vorstellungen und endlich Unfähigkeit zu einer verständigen Sichtung und Berichtigung des Erfahrungsmaterials2). Scharf zu scheiden von den peripher bedingten Trugwahrnehmungen sind die Hallucinationen, d. h. solche Trugwahrnehmungen, bei denen eine äussere Reizquelle gar nicht vorhanden ist. Eine einfache Reminiscenz genügt, Phantasmen zu erzeugen, die wirklichen Sinneseindrücken gleichwertig sind3). Trugwahrnehmungen der zweiten Art finden wir nur selten im Don Quijote.

Um speziell für Don Quijote die einzelnen Phasen eines Illusionsvorganges von der Entstehung bis zur Wiederauflösung abteilen zu können, bediene ich mich des Abenteuers mit den Hämmeln4) als Musterbeispiels. Da die einzelnen Momente, wie ich zu gleicher Zeit zeigen werde, in den übrigen Abenteuern wiederkehren, können sie als typisch für den Verlauf eines Anfalles gelten.

1.  Das illusionserregende Moment: in unserm Falle eine Staubwolke, die von der nahenden Hammelherde aufgewirbelt wird Das Barbierbecken auf dem Kopfe des Barbiers leuchtet in der Sonne wie Gold. Bei dem Abenteuer mit Maritornes ist es Nacht. Das Lärmen der unsichtbaren Walkmühle, die langen Arme der Windmühle etc.

2.  Die Reminiscenz. Durch das Wahrgenommene werden Erinnerungen aus der Lektüre ausgelöst. Eine nahende Staubwolke deutet in den Ritterbüchern gewöhnlich ein herankommendes Heer an, Prinzessinnen suchen nächtlicherweile die fahrenden Ritter auf etc.

3.  Das aus der Mischung des Apperzipierten und des Erinnerten hervorgehende Urteil: Es ist ein nahendes Heer, eine Prinzessin, Riesen u. s. w.

4.  Totale Illusion. Die in der Illusion bestehende Sachlage wirkt bestimmend auf das Handeln des Ritters. Wie man aus dem Verhalten Sanchos sieht, wäre jetzt eine Korrektion der Täuschung möglich. Die Illusion ist jedoch zu einem so hohen Grade und zu solcher Deutlichkeit vorgeschritten, dass die Erkenntnis des wahren Sachverhaltes nicht eintreten kann. Das ist das eigentliche pathologische p27 Symptom. Don Quijote reitet mit gefällter Lanze auf die Hammelherde ein, greift die Windmühle an etc.

5.  Die Auflösung der Illusion erfolgt gewöhnlich auf gewaltsamem Wege. Don Quijote wird verprügelt, fällt vom Pferde u. s. w.

6.  Die Hilfsillusion1). Den schlechten Ausgang des Abenteuers erklärt er im Sinne seiner Ritterbücher. Sein Pferd ist schuld an dem Unglück, oder es sind böse Zauberer im Spiel. Es ist dies eine Aushilfe, die direkt aus der konsequenten Durchführung der Wahnidee folgt.

Avellaneda gelingt es nicht immer, den ganzen psychischen Prozess mit derselben Folgerichtigkeit vorzuführen wie Cervantes. Wenn Don Quijote eine Schenke für ein Schloss hält, im nächsten Augenblick aber von einem „ventero andante“ spricht (Cap. IV.) oder sagt: „¡Entramos en la venta!“ (Cap. XXVI), so liegt hier entschieden ein Missgriff des Verfassers vor. Aller Wahrscheinlichkeit und psychologischen Begründung entbehrt Don Quijotes Verhalten bei dem Ringstechen zu Zaragoza. Wirklich durchgeführt ist der Illusionsvorgang in dem Abenteuer mit dem Melonenwächter und dem mit Barbara. In ersterem wirkt die Lanze illusionserregend, in letzterem ein aus dem Gebüsch dringendes Geschrei2). In beiden Fällen finden wir auch die charakteristischen Hilfsillusionen. Das Abenteuer mit dem Riesen Tajayunque steht auf einer Stufe mit der Micomiconaepisode (I, 29), da es sich darin um künstlich zurecht gemachte Situationen handelt, die bei Don Quijote nur den Glauben an Riesen und hilfesuchende, vertriebene Prinzessinnen voraussetzen. Träume als illusionserregendes Moment sind verwendet in Don Quijotes nächtlichem Kampf mit dem vermeintlichen Riesen (Av. Cap. XIII) und seinem Angriff auf die Weinschläuche (I, 36). Wirkliche Tobsuchtsanfälle von hallucinativer Natur, wie sie bei Avellaneda in Cap. III und X vorkommen, können nicht als eine Bereicherung des Don Quijotemotives gelten. Denn sie erregen eher Unlust als Heiterkeit. Der Junker tritt darin zu sehr als Irrsinniger hervor. Ein derartiger Geisteszustand musste unbedingt ins Tollhaus führen.

Anders hat Cervantes in seinem zweiten Teil das Problem gefasst. Er schildert uns Don Quijote in einem neuen Stadium seiner Krankheit. p28 Die Symptome der beginnenden Heilung treten immer zahlreicher auf, die Rückfälle werden seltner, sodass uns die Gesundung am Ende des Buches nicht unerwartet kommt. Die einzelnen Abenteuer sind sämtlich der Art, dass sie bei dem Ritter nur den Glauben an die Möglichkeit des fahrenden Rittertums und an die Existenz fabelhafter Wesen voraussetzen. Das Hallucinative tritt vollkommen in den Hintergrund. Der Ritter sieht die Wirtshäuser nicht mehr als Schlösser an, wie an zwei Stellen besonders hervorgehoben wird. Die Abenteuer treten in einer solchen Gestalt an ihn heran, dass sie einer Umbildung durch die Phantasie nicht mehr bedürfen. Die Handlungsweise Don Quijotes wird allerdings durch die Reminiscenzen aus den Ritterromanen bestimmt. Unter diese Kategorie fallen: der Kampf mit dem Spiegelritter, die Begegnung mit den Darstellern des Auto de las Cortes de la Muerte, das Bravourstückchen mit dem Löwen, schliesslich alle von dem Herzogspaar inscenierten Abenteuer. Hilfsillusionen sind in den meisten Fällen entbehrlich. Bei dem Puppenspiel ist Don Quijote nur jener theatralischen Illusion1) unterworfen, die manchmal auch bei normalen Menschen eintritt. Wesentlich ist dabei auch, dass er nicht in üblicher Weise einen Ausweg sucht, sondern seinen Irrtum anerkennt und den Marionettenspieler entschädigt. Das Erlebnis in der Höhle des Montesinos ist ein Traum, fällt also nicht in die Klasse der Sinnestäuschungen. Don Quijote selbst steigen später Zweifel an der Realität des Geträumten auf.

Jedenfalls ist der Junker im echten zweiten Teil auf eine ganz neue Art aufgefasst worden. Trotzdem kann ich diesen Band in ästhetischer Hinsicht nicht auf eine Stufe mit dem ersten Teil stellen. Goethe scheint mir vollkommen das Richtige getroffen zu haben, wenn er sagt: „Solange sich der Held Illusionen macht, ist er romantisch, sobald er bloss gefoppt und mystifiziert wird, hört das wahre Interesse auf“2).

Dem Fortsetzer könnte man allerdings den Vorwurf machen, dass er den übernommenen Typus nicht erfolgreich variiert habe.

Der Sancho Avellanedas, der die Bewunderung Lesages erregte, p29 bringt gegenüber seinem Vorbild nicht viel Neues. Auch an ihm vermisse ich die sympathischen Züge: seine Gutherzigkeit und seine Treue.

Von den bei Avellaneda neu hinzugetretenen Personen ist nur eine von Wichtigkeit. Der Dorothea des ersten Teiles entspricht in Avellanedas Don Quijote die Barbara, ein altes hässliches Weib, der der Beruf einer Kaldaunenköchin als Vorwand für alle möglichen unehrlichen Gewerbe dient. Die Verwandtschaft mit der Celestina ist offenbar. Es ist die schlaue Kupplerin, die aus dem mittellateinischen Pamphilus de amore stammend durch die geniale Behandlung, die sie von Juan Ruiz als Trotaconventos und von Fernando de Rojas als Celestina erfahren hat, in der spanischen Litteratur Heimatsrecht erworben hat. Wenn von Barbara berichtet wird, dass sie in Alcalá wegen einer Narbe auf der Wange unter dem Spitznamen „la de la cuchillada” bekannt war, so erfahren wir das Gleiche von ihrer berühmten Vorgängerin: „aquella vieja de la cuchillada que solía biuir en las lenerías á la cuesta del río“1). Das persignum crucis hat sein Gegenstück in dem „fermosa con aquel su Dios os salve que traviessa la media cara“2). Auch dieselben Fertigkeiten werden Barbara nachgerühmt wie der Celestina. In einem unterscheiden sich beide. Barbara ist niedrig und gemein. Es fehlen ihr jene Genialität im Laster, die der Celestina etwas Dämonisches gibt, und ihre Kenntnis der Schwächen der menschlichen Seele, die sie zur Beherrscherin der Situation macht. Dass Avellaneda ihr den Namen der Kaiserin von Palmyra Cenobia3) gibt und sie zur Amazonenkönigin macht, scheint mir in keinem Ritterbuch begründet zu sein. Im Orlando Furioso ist sie allerdings schon einmal erwähnt worden4). Auch die Gabrina5) dieses Gedichtes hat einige Ähnlichkeit mit Barbara.

Einen ästhetischen Vorteil hat die Einführung dieser Gestalt, wie wir bereits in der Analyse sahen, nicht gebracht.

Wie er in der Vorrede erklärt, ist es auch Avellanedas Absicht, jene verderblichen Ritterbücher aus der Welt zu schaffen. Cervantes satirisiert die Ritterromane, indem er einen Junker darstellt, der die p30 Ritterromane für historisch hält und ihren Inhalt realisieren will, da er meint, dass seine Zeit gegenüber der Welt jener Bücher einen verderbten Zustand darstelle. Die Unsinnigkeit dieses Unternehmens, das fortwährend in seinen Berührungen mit dem Alltagsleben scheitert, soll die ganze Unwahrheit der Ritterbücher offenbaren. Die einzelnen Abenteuer sind Parodien auf ähnliche Situationen in den verspotteten Romanen. Alles ist in eine niedere Sphäre gerückt. Es sind nicht Ritter, gegen die der Junker kämpft, sondern Maultiertreiber, nicht Riesen, sondern Windmühlen, nicht ganze Heere, sondern Schafherden. Eine Satire, die sich solcher Mittel bedient, ist wohl eher burlesk als grotesk zu nennen, wie Schneegans1) tut, wenn wir nämlich als wesentliches Merkmal des Grotesken die masslose Übertreibung, des Burlesken aber die Mischung des Erhabenen mit dem Trivialen ansehen.

Zur weiteren Begrenzung der von Cervantes ausgeübten Satire kann auch ein Vergleich mit dem Rasenden Roland dienen.

„Das Mittel der komischen Darstellung liegt bei Ariosto in der Natürlichkeit und Realität seiner Darstellung, wenn er sie auch für das Wunderbarste und Phantastischste in Anwendung bringt“2). Ihm kommt es gar nicht darauf an, gegen die Ritterlitteratur zu polemisieren. Er freut sich an den fabelhaften Erfindungen der Spielmannsepen und trägt sie mit der Skepsis des Renaissancemenschen vor. Cervantes dagegen will nicht so sehr die ästhetische Minderwertigkeit der Ritterbücher als die Schädlichkeit betonen, die sie mit der einseitigen Anregung des Phantasielebens in sich bergen. Dieser lehrhafte Zug ist das wesentlichste Merkmal, das die satirische Anschauungsweise von der ironischen trennt.

Die Satire misst ihr Objekt an etwas Idealem, Seinsollendem, sodass die durch sie getroffenen Zustände klein, kümmerlich, ja schädlich erscheinen. So verwandt auch das Satirische und das Komische darin sind, dass beide darauf ausgehen, ihr Objekt ad absurdum zu führen, darf man sie doch nicht ohne weiteres identifizieren. Die Satire bedient sich bei der Verfolgung ihrer lehrhaften, ethischen oder frivolen Absichten der Komik nur als Ausdrucksmittels.

Dem Humor fällt neben der Satire noch eine besondere Aufgabe zu. Er soll ihre zersetzende Tendenz durch seinen optimistischen versöhnenden Gehalt ausgleichen.

Mittel und Ziel der Satire waren für Avellaneda gegebene Faktoren. Es fragt sich nur, ob er ebenso gut trifft wie Cervantes. Es p31 kommen natürlich nur die von ihm selbst erfundenen Situationen in Betracht.

Sein Ritter durchzieht alle möglichen Dörfer und Städte, heftet Kartelle an und fordert die Edelleute des Ortes zum Kampfe heraus, obgleich dies keineswegs die Haupttätigkeit der Romanhelden ist. Mehr im Sinne der Ritterbücher ist es, wenn Avellaneda seinen Don Quijote durch ein aus dem Gebüsch dringendes Geschrei in ein Abenteuer verwickelt oder ihn durch einen Riesen zum Kampf herausfordern lässt. Das Ringstechen in Zaragoza zeigt eher, wie die blutigen Turniere der alten Zeit zu einem blossen Spiel geworden waren, als dass es eine Satire auf die in den Romanen geschilderten Kampfspiele wäre.

Auch nach der formalen Seite hat Cervantes die Ritterbücher lächerlich gemacht, indem er den verschrobenen Stil nachahmt, der den meisten Romanen dieser Art, abgesehen von den in mustergültiger Prosa geschriebenen ersten Büchern des Amadis, eigen ist. Dabei hat er nicht übertrieben. Die komische Wirkung geht nur aus dem Nebeneinander von zwei verschiedenen Stilarten hervor. Das grösste chevalereske Kauderwelsch Don Quijotes reicht noch nicht an manche der Stilkunststücke eines Feliciano de Silva heran. Da das Karikierende fehlt, wird man dies Verfahren eher der Ironie zuzählen, wie überhaupt bei Cervantes ironischer und satirischer Humor ohne scharfe Trennung durcheinandergehen.

Avellaneda hat sich nicht ohne Geschick desselben Mittels bedient, übrigens nur da, wo Don Quijote spricht. Sonst fällt er aus dem einfachen Erzählerton nicht heraus. Von jenen präludierenden Eingängen1), die Cervantes nach dem Muster der Ritterromane (namentlich des Caballero del Febro) als Einleitung zu einzelnen Abenteuern und Kapiteln dienen lässt und die meist eine schwülstige Schilderung des Sonnenaufganges geben, haben wir nur eine schwache Kopie bei Avellaneda: „Tres horas antes que el rojo Apolo esparciese sus rayos sobre la tierra, salieron de su lugar“ (Cap. IV). Sonst gehen die Kapitel ohne merkliche Einleitung und Schluss ineinander über. Nirgends finden sich persönliche Betrachtungen des Verfassers, Anmerkungen des Chronisten oder eine direkte Wendung an den Leser. Mit dieser Objektivität steht der falsche Don Quijote ganz vereinzelt in der damaligen Romanlitteratur, wo überall die Persönlichkeit des Verfassers in der Ichform oder in der Substitution eines Chronisten durchscheint.

Die direkte Polemik gegen die Ritterbücher, von der Cervantes p32 in dem „Escrutinio“ (I, 6) so geschickt Gebrauch macht, findet nirgends bei Avellaneda Anwendung. Er begnügt sich damit, die Ritterromane „lügenhaft“ und „verderblich“ zu nennen.

Auf die Höhe einer durchgeführten sozialen Satire, die bei Cervantes ganz beiläufig angebracht ist und doch dem Buch eine allgemeinere Bedeutung erteilt1), hat sich Avellaneda nicht erheben können. Einzelne Bemerkungen satirischen Inhaltes fehlen jedoch nicht. Nach dem Muster des pikaresken Romans hält er sich über die schlechte Beschaffenheit der von den Wirten gelieferten Speisen (Cap. V und XXVII) und über die Gewalttätigkeit der Studenten in Alcalá (Cap. XXVIII) auf. Endlich gehören noch die Auslassungen Sanchos über das Thema „la vida de palacio es vida bestial“ (Cap. XXXV) hierher.

Ich habe bereits angedeutet, dass ein prinzipieller Unterschied zwischen Satire und Komik im engeren Sinne besteht. Während nämlich die Komik dann entsteht, wenn zunächst getrennt verlaufende Vorstellungsreihen in unserem Bewusstsein plötzlich und unerwartet in irgend welche Beziehung zu einander gesetzt werden, handelt es sich bei der Satire um einen Konflikt zwischen Objekten, die mit Anspruch auf Achtung auftreten, und einem Ideal, das Eigentum des Dichters ist. Die Zerstörung des scheinbar Wertvollen durch die Anschauungsweise des Satirikers, die wir auf dem Wege der Einfühlung zu unserer eignen machen, hat eine ähnliche Mischung von Lust- und Unlustempfindungen zur Folge wie der gleiche Prozess in der Komik. Diese Wirkung wird umso grösser sein, wenn die von dem Satiriker beigebrachten Gesichtspunkte uns neu sind.

So kommt es, dass eine spätere Zeit einer Satire niemals volles Verständnis entgegenbringen kann. Einerseits fehlt ihr Kenntnis und Schätzung des satirisierten Gegenstandes, andererseits die Unbefangenheit des zeitgenössischen Lesers. Der moderne Mensch wird die spezielle Satire des Don Quijote kaum mit denselben widerstreitenden Gefühlen aufnehmen wie der Zeitgenosse. Für ihn wird das Buch in erster Linie ein Werk des Humors sein. Die rein ästhetische Wirkung kann bei dieser Verschiebung in der Auffassung nur gewinnen.

Das Bestreben des Ritters, Dinge auszuführen, die weder seinen Kräften noch der Sachlage angemessen sind, muss in seinem sicheren p33 Misslingen eine Menge von rein komischen Situationen zeitigen1). Anders verhält es sich, wenn die Komik aus künstlich hergestellten Situationen entspringt, deren Gelingen durch seine Narrheit bedingt ist. Hierdurch entsteht eine besondere Art von Komik: „das Possenhafte“2). Es ist etwas Gewolltes, Gemachtes, etwas, das auf eine intellektuelle Schwäche dessen spekuliert, den es in eine komische Beleuchtung rücken will. Die Absicht des Gefoppten, etwas vorzustellen, was er nicht vorstellen kann, erhöht die komische Wirkung. Wenn Cervantes in seinem zweiten Teil dem Possenhaften den Vorzug gibt, so liegt der Grund dafür in der psychologischen Entwicklung seines Helden3). Die komische Litteratur vor Cervantes in Spanien — Lustspiel, „entremeses“, pikaresker Roman — macht fast ausschliesslich Gebrauch vom Possenhaften. Die Schlauheit, die über die Dummheit, Leichtgläubigkeit und Gutmütigkeit triumphiert, bildet überall das Hauptthema.

Avellaneda arbeitet mit denselben Mitteln wie Cervantes. Die annähernd folgerichtige Durchführung des Illusionsproblems musste im Verein mit der parodistischen Nachahmung von Situationen aus den Ritterbüchern, dem an die Satire gebundenen Teil der Komik, dieselben komischen Effekte hervorbringen.

Die Komik des Don Quijote beruht im wesentlichen auf der Selbsttäuschung4), in der der Held befangen ist. Und zwar ist es eine Selbsttäuschung doppelter Natur: einmal die aus seinem Geisteszustand resultierende Illusion und dann sein Irrtum, dass die ihm zu Gebote stehenden Mittel für seine Zwecke ausreichen. Die zweite Art ist, obgleich abhängig von der ersteren, da ja der Ritter erst kraft seiner Illusion sich für stark und seine Waffen für gut hält, dennoch wichtig für die komische Wirkung. Denn, wäre der Held kräftig und wohl ausgerüstet, würde er in seiner Verblendung wohl eher tragisch als komisch erscheinen. Zu der Komik der Selbsttäuschung gesellt sich noch die Komik der äusseren Erscheinung. Wenn der moderne Mensch, p34 der gewohnt ist, geistige Schäden auf eine Stufe mit körperlichen zu stellen und daher für die Komik, die aus ihnen entstehen kann, weniger Sinn hat als der naive Mensch, bei der Lektüre des Don Quijote nicht Missfallen darüber empfindet, dass ein armer kranker Mann zum Gegenstand des Gelächters gemacht wird, so liegt der Grund darin, dass die in dem Missverhältnis von Mittel und Zweck und in der äusseren Erscheinung hervortretende Komik ihn über solche humane Regungen hinwegtäuscht. Wenn uns bei der Lektüre von Avellanedas Buch viel eher ein Gefühl des Widerwillens gegenüber der Narrheit des Ritters beschleicht, liegt das jedenfalls an einem Zuwenig von Abwechslung zwischen Illusionskomik und Erscheinungskomik. Es gelingt ihm selten, in uns ein lebhaftes Bild der äusseren Erscheinung des Ritters „von der traurigen Gestalt“ zu erzeugen. Viel bedeutender als diese Differenz zwischen beiden Werken, dem des Cervantes und dem Avellanedas, ist eine andere: Dem echten Don Quijote liegt eine wahrhaft humoristische Weltanschauung zu Grunde.

Nach Eduard von Hartmann1) entsteht der Humor aus einer Kombination des Komischen mit dem Rührenden oder dem Tragischen oder mit beiden zugleich. Darin liegt gerade die sittliche und ästhetische Bedeutung des Humors, dass er höhere Werte mit in den Strudel der komischen Vorstellungsbewegung hineinzieht, schliesslich aber doch das sittlich Wertvolle hervortauchen und sich herauskristallisieren lässt.

Der Don Quijote des Cervantes ist wirklich humoristisch, weil ihn der Verfasser mit edlen Eigenschaften ausgestattet hat, die sich neben den komischen Seiten seines Charakters siegreich behaupten und ihm unsere Sympathie sichern. Bei Avellaneda ist er nur komisch, denn hier treten nur seine lächerlichen Seiten hervor. Am besten zeigt sich der Unterschied der beiden Behandlungsarten in den Schlüssen. Wie rührend komisch ist doch das Ende von Don Quijotes Ritterlaufbahn bei Cervantes! Erst sein Schmerz über die unglückselige Niederlage, dann die aufrichtige Freude über Don Gaspar Gregorios Rückkehr, sein komischer Entschluss, ein Schäfer zu werden und schliesslich seine Heilung und der Tod, durch den er, Alonso Quijada der Gute, seine Angehörigen und Freunde tiefbetrübt zurücklässt, — das alles ist von dem Romandichter so humoristisch und gefühlvoll dargestellt worden, dass uns das Ende von Avellanedas Roman, wo Don Quijote in ein Narrenhaus gesperrt wird, roh und geschmacklos erscheinen muss. Dort p35 erhebt sich der Humor zu einem so hohen Mass von Pathos, dass er nahe an das Tragische grenzt, hier sinkt die Komik zur Banalität herab.

Eine gesonderte Betrachtung verlangt in beiden Werken der wackere Schildknappe Sancho. Er ist naiv humoristisch, er handelt humoristisch seiner Natur, seiner Anlage nach. Der Sancho Avellanedas ist entschieden seine beste Figur. Darin dürfen wir, wenn auch mit Vorsicht, dem Urteile Lesages1) beistimmen. Das Derbkomische lag Avellaneda am besten. Jedoch scheint mir sein Sancho nicht frei von fremden Einflüssen zu sein. Sehen wir bei Cervantes an dem Knappen noch reine Charakterkomik, so finden wir auf der anderen Seite, dass Avellaneda einzelne Züge von komischer Wirkung, seine bäurische Sprechweise, seinen grossen Appetit usw. in einer Weise übertreibt, dass sie fast zum Selbstzweck werden. Sancho rückt damit in die Sphäre der „lustigen Person“, insbesondere des Gracioso der spanischen Komödie. Besonders deutlich zeigt sich diese Verwandtschaft mit dem Gracioso in der Karikierung des Ritters durch den Diener2). Vor dem „Archipampano“ z. B. ahmt der Knappe seinen Herren in Stellung und Rede nach3). Beider Reden will ich wörtlich anführen, da sie mir charakteristisch für Avellanedas Stil erscheinen.

Don Quijote: ... „quedando Don Quijote puesto en mitad de la sala, mirando á todas partes con mucha gravedad, puesto el cuento de la lanza, que un criado le trajo, en tierra, estuvo callando ....; y cuando vió que callaban y estaban aguardando á que él hablase, con voz serena y grave comenzó á decir: Magnánimo, poderoso y siempre augusto archipámpano de las Indias, decendiente de los Heliogábalos, Sardanápalos y demás emperadores antiguos: hoy ha venido á vuestra real presencia el Caballero Desamorado, si nunca le oistes decir, el cual, despues de haber andado la mayor parte de nuestro hemisferio, y haber muerto y vencido en él un número infinito de jayanes y descomunales gigantes, desencantando castillos, libertando doncellas“ etc.

Sancho: „Púsose Sancho luego en medio, y volviendo la cabeza, dijo á Don Quijote: Déme vuesa merced esa lanza, para que me ponga como vuesa merced estaba cuando hablaba al Arcapámpanos ... y poniendo las manos en arco sin quitarse la caperuza, con no poca p36 risa de los que le miraban, estuvo un buen rato sin hablar, hasta que viéndolos callar, comenzó á decir, procurando empezar como su amo Don Quijote, á cuyas razones habia estado no poco atento: ¡Magnánimo, poderoso y siempre agosto harto de pámpanos ...! ... Habrá vuesa merced de saber, señor decendiente del emperador Eliogallos y Sarganápalos, que yo me llamo Sancho Panza el escudero, marido de Mari-Gutierrez por delante y por detrás, si nunca le oistes decir ... y há dias que ando en mi rucio con mi señor por la mayor parte de este nuestro ...Y volviendo la cabeza á su amo le dijo: ¿Como diablos se llama aquel? ¡Oh maldito seas! replicó Don Quijote: hemisferio, simple. ¿Pues que quiere agora? replicó Sancho ... ¿piensa que el hombre ha de tener tanta memoria como el misal? Digo pues, prosiguió Sancho, que tornando a mi cuento, señor rey de Hemisferio, yo no he hasta agora muerto ni dispilfarrado aquellos gigantones que mi amo dice“ etc.

Auch die Feigheit Sanchos ist als charakteristische Eigenschaft des Gracioso anzusehen, vgl. sein Verhalten bei dem Abenteuer mit Barbara.

Die meist sehr faulen Witze mögen von jenen Spassmachern inspiriert sein, die bei den Umzügen Don Quijote in der Maske des Schildknappen begleiteten1).

Ein komisches Element verdient noch besondere Erwähnung, weil es dem Don Quijote von Cervantes fremd ist: das Obscöne. Das Obscöne bildet zwar zu allen Zeiten einen Litteraturzweig für sich, bisweilen aber nimmt es derart überhand, dass es auch die echte Kunst angreift. In eine solche Zeit fällt Avellanedas Don Quijote. Man beachte nur die Wendung zum Pornographischen, die der pikareske Roman mit der Pícara Justina von Andrés Perez genommen hat. Auf einer höheren künstlerischen Stufe können wir diese Erscheinung finden, wenn wir den Übergang von Lope de Vegas graziöser Leichtfertigkeit zu der spielenden Frivolität Tirso de Molinas beobachten, die ihn die gewagtesten Scenen auf die Bühne bringen liess. Dazu stimmen auch die Klagen, die verschiedentlich darüber erhoben wurden, dass das Volk an dem auf der Bühne dargestellten Unmoralischen solchen Gefallen fände2). Wir dürfen also einen Teil von Avellanedas Schuld auf Rechnung seiner Zeit setzen. Die Zote, mag sie nun geschickt verhüllen oder ungeschickt entblössen, ist stets gleich unmoralisch. Obgleich sich Sancho auch nicht gerade gewählt ausdrückt, so ist es die Aufgabe der Barbara, den Schmutz in die Don Quijote-Fabel zu tragen. Ein Beispiel mag genügen:

„Señor caballero, respondía ella (Barbara), yo quisiere ser de quince p37 años y más hermosa que Lucrecia, para servir con todos mis bienes habidos y por haber á vuesa merced; pero puede creer que si llegamos á Alcalá, le tengo de servir allí, como lo verá por la obra, con un par de truchas que no pasen de los catorce, lindas á mil maravillas y no de mucha costa. Don Quijote, que no entendía la música de Bárbara, le respondió: Señora mia, no soy hombre que se me dé demasiado por el comer y beber: con eso á mi escudero Sancho Panza; con todo, si esas truchas fueren empanadas, las pagaré, y las llevarémos en las alforjas para el camino; aunque es verdad que mi escudero Sancho, en picándosele el molino, no dejará trucha á vida“. (Cap. XXIII.) So soll durch das Anerbieten Barbaras die Tugendhaftigkeit des Ritters in ein komisches Licht gerückt werden, wie an einigen weiteren Stellen Sanchos Harmlosigkeit. Wie viel geistvoller ist die satirische Behandlung des gleichen Motives bei Cervantes! Don Quijote, der sich nach dem Muster seines Vorbildes Amadis stets seiner tugendhaften Treue rühmt1), bildet sich ein, dass ihn verliebte Prinzessinnen nächtlicherweile besuchen.

Auch die stilistische Komik fällt meistens Sancho zu. Hier finden wir dieselben Mittel der komischen Darstellung wie bei Cervantes: bäuerliche Redeweise, Anführung von Sprichwörtern, Wortverdrehungen (vgl. das auf voriger Seite citierte Beispiel) usw. Dazu kommt noch Sanchos kameradschaftliches Verhältnis zu Rocinante und dem Esel und das Hineinlegen von menschlichen Fähigkeiten in die Reittiere. Auch hier ist Cervantes vorbildlich gewesen2).

Vereinzelt zeigen sich Ansätze zum grotesken Stil z. B.: „Juro por el orden de caballería que recebí, que solo por eso que has dicho, y porque entiendas, que no puede caber temor alguno en mi corazón, estoy por volver al lugar y desafiar á singular batalla, no solamente al Cura, sino á cuantos curas, vicarios, sacristanes, canónigos, arcedianos, deanes, chantres, racioneros y beneficiados tiene toda la Iglesia romana, griega y latina, y á todos quantos barberos, médicos, cirujanos y albeitares militan debajo la bandera de Esculapio, Galeno, Hipócrates y Avicena.“ (Cap. IV.) Auch die Schilderungen von Sanchos p38 ungeheurer Esslust erinnern an ähnliche in Rabelais Gargantua und Pantagruel und Pulcis Morgante maggiore.1)

Der komischen Ausdrucksweise sind vielleicht die bei Avellaneda vorkommenden Vereinigungen von Dingen, die nicht zusammengehören, zuzuzählen, wie: „Aqui no hay castillo ni fortaleza, y si alguna hay es la del vino“ (S. 13b). „Con ellos (ochenta ducados) y notable gusto nos salimos una tarde de Alcalá“ (S. 70a). Ähnliches finden wir ja auch bei anderen komischen Dichtern, bei Heinrich Heine und oft bei den Franzosen.

In einer Darstellung der litterarischen Einflüsse, die ausser Cervante’s erstem Teil bei der Entstehung des falschen Don Quijote mitgewirkt haben, würde ich kaum annähernde Vollständigkeit erreichen, da die meisten Ritterbücher zu bibliographischen Seltenheiten geworden sind und mir infolgedessen nicht zugänglich waren. Das fällt jedoch nicht so sehr ins Gewicht, da wir aus dem wenigen, das wir feststellen können, sehen, ein wie geringe Kenntnis der Ritterromane der Verfasser besass.

Fast alles, was wir vom Amadis de Gaula2) in dem falschen Don Quijote finden, ist durch Vermittlung des ersten Teiles hineingelangt. Für ein Citat aus diesem Roman (Cap. XXXII), dessen Held von einem Zauberer durch einen Trank aus Sand und kaltem Wasser beinahe getötet worden sei, ist nichts Entsprechendes im Amadis de Gaula vorhanden. Vielleicht haben wir es mit einer parodistischen Nachahmung einer ähnlichen Verzauberung im Amadis (I. Cap. 19) zu tun. Zu der Gefangenschaft der Urganda bei dem Zauberer Friston (Cap. XXII) fehlt ebenfalls ein direktes Vorbild. Im Esplandián (Cap. 121) befindet sich Urganda in der Gewalt der Infantin Melia. Im Amadis de Grecia tritt ein unbekannter Ritter auf, der sich als Infantin Gradafilea entpuppt. Das könnte für die Burlerinaepisode als Vorbild gedient haben. Wenn am Schluss des falschen Don Quijote berichtet wird, dass der Junker p39 in Begleitung eines als Mann verkleideten Weibes weiter geabenteuert habe, so finden wir etwas Ähnliches im Florisel de Niquea (III, Cap. 78), wo Finistea dem Amadis de Grecia in Männertracht dient. Ausführlich werden citiert Belianis de Grecia: das Abenteuer des Helden und eines anderen Ritters (Av. Cap. XII) mit einigen Wilden und die Raserei Rolands (Cap. VI) nach dem Espejo de Caballerías. Das in Cap. XXVI berichtete Abenteuer eines griechischen Prinzen in einem verzauberten Schloss1) erinnert an ein von Cirongilio de Thracia bestandenes Abenteuer (cf. D. Q. I, 32). Sonst erwähnt Avellaneda nur Namen, aber auch da ist er nicht genau, z. B. „Amadis de Gaula“, „don Belianis de Grecia y su hijo (!) Esplandián“ etc. (Cap. II). (Esplandián ist der Sohn des Amadis). Die mit ihren eisernen Keulen den Schlosseingang versperrenden Riesen (Cap. IX) sind mir nur aus dem Huon de Bordeaux2) bekannt, der meines Wissens nicht in das Spanische übersetzt worden ist.

Als Ersatz für seine geringe Kenntnis der Ritterbücher hat Avellaneda umso reichlicher die Romanzen benutzt. Meiner Meinung nach eignen sich diese in nationalem Geiste gehaltenen Dichtungen wenig zu einer Satire, die es hauptsächlich auf das höfische Liebes- und Lebensideal der Ritterromantik abgesehen hat. Allerdings sind auch höfische Elemente in die spätere spanische Romanzenpoesie eingedrungen.

Personennamen aus den Cidromanzen kommen in dem Pseudo-Don Quijote häufig vor (Cap. II, III, VI etc.), besonders citiert ist die Eroberung von Zamora (Cap. VI) und die Beleidigung des toten Cid durch einen Juden, und dessen Bestrafung (Cap. VI). Ferner werden angeführt die Romanzen, die die Eroberung Spaniens durch die Mauren behandeln (Graf Julian, Don Rodrigo, Florinda, Pelayo, Sandoval etc.) und die dem Karolingercyklus angehörigen Romanzen von Calaínos (Ya cabalga Calaínos3) etc. Cap. VII vgl. D. Q. I, 9). Aus dem Gedichte von dem Marqués de Mantua und Baldovinos stammt der aus D. Q. I, 10 bekannte Schwur4) des Grafen (Av. Cap. IV und XII). Der Sekretär parodiert ihn (Cap. XII) in folgender Weise: „Yo juro por el orden de secretario que recebí, de no comer pan en el suelo ni folgar con la reina de espadas, copas, p40 bastos ni oros, ni dormir sobre la punta de mi espada, hasta tomar tan sanguinolenta venganza del principe don Quijote de la Mancha, que los brazos le queden colgados de los hombros, y las piernas y muslos asidos á las caderas, y la cabeza se le ande á todas partes, y la boca, á pesar de cuantos ni han nacido ni han de nacer, le ha de quedar debajo de las narices.“ Endlich wird noch die Romanze über den Fall Trojas erwähnt (Cap. VIII): „Fuego suena, fuego suena, que se nos alza Troya con Elena.“

Eine ganze Menge von Namen und Citaten hat die Heiligenlegende und die biblische Geschichte geliefert und zwar in so reichlicher Menge, dass man Avellanedas Don Quijote dem echten als den orthodoxen gegenüber gestellt hat. Das Altertum ist fast nur durch Namen vertreten. Von der zeitgenössischen Litteratur nennt Avellaneda Lope de Vega (Testimonio vengado, Filis, Celia, Lucinda). Cervantes (Escarraman, Cap. XXXI, aus des Dichters Entremés El rufián viudo), von der älteren die Celestina, Ariost und Petrarca. —

Wie Cervantes in seinem ersten Teil die Novelle El curioso impertinente eingefügt hat, hat auch Avellaneda es sich nicht nehmen lassen, seinen Don Quijote mit Novellen auszuschmücken. Die erste trägt den Titel El rico desesperado.

Ein junger Student der Rechte zu Lovaina (Löwen), der ein wüstes Leben führt, wird durch die Predigt eines Dominikaners bekehrt und beschliesst, in ein Kloster einzutreten. Wie das Noviziat seinem Ende zugeht, erhält er den Besuch zweier Freunde, die ihn für die Welt wiederzugewinnen suchen. Trotz der Bemühungen des Priors, ihn zu halten, kehrt er zu dem Weltleben zurück und vermählt sich einige Zeit später mit einer vermögenden und tugendhaften Dame, die sich ebenfalls bis dahin in einem Kloster aufgehalten hat. Nach dreijähriger glücklicher Ehe bietet sich ihm Gelegenheit, eine Gouverneursstelle zu erhalten, die durch den Tod seines Onkels frei geworden ist. Er reist deshalb nach Brüssel gerade zu einer Zeit, wo seine Frau erwartet, Mutter zu werden. Auf der Rückreise lernt er einen spanischen Soldaten kennen und bietet ihm Gastfreundschaft in seinem Hause an. Dort orfährt er, dass seine Frau eben einem Knaben das Leben gegeben hat. Man speist deshalb am Bett der Wöchnerin. Der Anblick der schönen Frau erregt in dem Soldaten verbrecherische Begierden. Der Umstand, dass er im Nachbargemach schläft, der Gatte aber ein ferneres Zimmer inne hat, lässt einen teuflischen Plan in ihm reifen. Er begibt sich bei p41 Nacht zu der Wöchnerin, die ihren Gatten zu empfangen glaubt, dem sie wegen seiner Rücksichtslosigkeit Vorwürfe macht. Nachdem der Soldat sein Ziel erreicht hat, ohne erkannt zu werden, bricht er am frühen Morgen auf. Wie die Gattin ihrem Mann gegenüber scherzhaft auf den nächtlichen Besuch anspielt, versteht er sie zunächst nicht, dann ahnt er den wahren Zusammenhang. Ohne sich etwas anmerken zu lassen, eilt er dem Soldaten zu Pferd nach. Er holt ihn ein und ersticht ihn. Inzwischen hat auch die Frau durch ein Selbstgespräch ihres Mannes, das ein Stallknecht angehört und wiedererzählt hat, den wahren Sachverhalt erkannt. In ihrer Verzweiflung stürzt sie sich in einen Brunnen und sühnt so den unbewussten Ehebruch. Wie der zurückkehrende Gatte ihren Tod erfährt, zerschellt er seinen neugeborenen Sohn am Brunnenrand und gibt sich auf dieselbe Weise wie sein Weib den Tod.

Wenn wir von der Brutalität, die sich in dieser Erzählung ausspricht, absehen, so ist sie das Beste, was Avellaneda geschrieben hat. Der Stil ist sorgfältiger als sonst. Namentlich kommt die knappe Darstellung der Katastrophe der tragischen Wirkung zu gute. Die Art, wie der etwas anstössige Stoff behandelt wird, ist echt spanisch. Schon der fatalistische Grundgedanke, dass der unglückliche Ausgang eine Strafe für das Verlassen des Klosters ist, entspricht vollkommen den religiösen Anschauungen, die damals in Spanien herrschten. Auch die Selbstrache erscheint hier vollkommen berechtigt. Ein jeder Spanier, der in einem Glied seiner Familie beleidigt ist, ist selbst der „Arzt seiner Ehre“. So musste dieser Stoff, ein unbewusster Ehebruch, der den Gatten zur Rache, das Weib zur Sühne verpflichtet, mit seinem tief tragischen Gehalt besonders den Spaniern zusagen.

Das gleiche Motiv ist auch sonst noch in der Weltlitteratur verbreitet. Die berühmteste Fassung ist die Erzählung Boccaccios1) von Agilulf und dem Stallknecht, die den Stoff in humoristischer Weise behandelt: „Un pallafrenier giace con la moglie d‘Agilulf re, di che Agilulf tacitamente s’accorge: truovolo e tondelo: il tonduto tutti gli altri tonde, e cosi campa dalla mala ventura“ (Giornata Terza, Novella Seconda). Von den bei Landau2) verzeichneten Bearbeitungen desselben Stoffes stehen unserer Novelle am nächsten: die altenglische Ballade Glasgerion und die schottische Glenkindie, wo die betrogene Frau sich entleibt und der Liebhaber den schurkischen Diener und sich selbst p42 tötet.1) Noch mehr Verwandtes enthält die dreiundzwanzigste Erzählung des Heptameron (bei Landau nicht genannt): Trois meurtres advenuz en une maison: à sçavoir en la personne du seigneur, de sa femme, et de leur enfant par la méchanceté d’un Cordelier. Entweder hat diese Novelle Avellaneda als Quelle gedient oder beide Verfasser haben die gleiche Quelle benutzt. Nicht erwähnt sind von Landau eine Anzahl spanischer Komödien, wo das Motiv des unfreiwilligen Ehebruchs wiederkehrt. Den Ausgangspunkt der Handlung bildet es in El bastardo de Ceuta von Juan Grajales: Elvira, die Gattin des Hauptmanns Melendez, ist einst in der Dunkelheit, als sie ihren Gatten zu empfangen glaubte, von dem Fähnrich Gomez de Melo umarmt worden. Ein Sohn ist die Frucht dieses Ehebruchs. Der Gatte rächt sich erst viele Jahre später. Der gleiche nächtliche Betrug spielt eine Rolle in El Medico de su amor von Francisco de Rojas Zorilla, in La Prudencia en el Castigo von Lope de Vega und den Audiencias del rey Don Pedro, die Schack Lope de Vega zuschreibt. In der letzten Komödie rächt sich die beleidigte Frau selbst. Zu komischen Effekten ist das Motiv verwendet worden in Ricardo de Turias La Burladora burlada.

Am berühmtesten ist jedenfalls der nächtliche Betrug, den Don Juan Tenorio im Burlador de Sevilla von Gabriel Tellez verübt, einmal an Isabella, der Verlobten des Herzogs Octavio, das zweite Mal an Doña Aña, Don Gonzalos Tochter und Braut des Marqués de la Mota. Da dieses Stück hinreichend bekannt ist, kann eine nähere Besprechung unterbleiben.

Ebenfalls in katholisch-religiösem Geiste gehalten ist die andere Erzählung: Los Felices Amantes (Cap. XVII–XX).

Don Gregorio sieht in einem Nonnenkloster die schöne Doña Luisa, die trotz ihrer 25 Jahre bereits Priorin ist. Er kennt sie schon von seiner Jugend her. Jetzt erwacht in ihm Liebe zu ihr. Ein Dienst, den er ihr erweist, verschafft ihm eine längere Unterredung mit ihr, im Laufe deren er ihr seine Liebe gesteht. Die Sprache, die er führt, ist der galante Konversationston, geschraubt und geziert bis zur Unverständlichkeit2). Wir sehen, dass die Nonnen damals sehr gern die p43 Liebeserklärungen junger Kavaliere anhörten1). In einer zweiten Unterredung am nächsten Tag bekennt die Priorin, dass sie seine Liebe erwidere. Nach sechs Monaten ist die gegenseitige Neigung derart angewachsen, dass Luisa sich erbietet, mit Gregorio zu fliehen. Um Subsistenzmittel zu schaffen, greift sie den Klosterschatz an, er das Eigentum seiner Eltern. Ehe sie das Kloster verlässt, kniet sie noch einmal vor dem Bilde der Jungfrau, der sie sehr ergeben ist, nieder und übergibt ihr die Schlüssel des Klosters. Dann flieht sie mit ihrem Geliebten nach Lissabon, wo sie ein so üppiges Leben führen, dass ihr Vermögen bis auf einen kleinen Rest, den Don Gregorio noch verspielt, vollkommen aufgezehrt ist. Zu Fuss wandern sie nach Badajoz in Kastilien, wo sie im Hospital aufgenommen werden. Luisa will sich ihr Leben als Wäscherin verdienen. Der Verwalter des Hospitals wirbt um ihre Liebe. Don Gregorio veranlasst seine angebliche Frau, ihn zu erhören, da er Vorteil daraus zu ziehen hofft. Luisa sinkt tiefer und tiefer. Sie wird öffentliche Dirne. Dies Leben dauert so lange, bis der Sohn eines angesehenen Bürgers vor ihrem Haus erstochen wird. Luisa wird deshalb in Haft genommen, aber durch die Vermittlung des Hospitalverwalters bald wieder frei gelassen, Don Gregorio muss die Stadt verlassen. Er begibt sich nach Madrid, wo er in den Dienst eines Edelmannes tritt. Inzwischen hat sich Luisa, die des Kurtisanenlebens überdrüssig geworden ist, entschlossen, in ihr Kloster zurückzukehren und dort ihre Schuld zu büssen. Nachts verlässt sie, als Pilgerin gekleidet, Badajoz und wandert nach ihrem alten Kloster. Um Mitternacht kommt sie, nachdem sie unterwegs viel Entbehrungen gelitten, an die Klosterkirche. Sie findet die Tür offen und ihren Schlüsselbund am Altar, wo sie ihn hingelegt hatte. Da hört sie, wie das Marienbild sie beim Namen ruft. Die Jungfrau verkündet ihr, dass sie während ihrer vierjährigen Abwesenheit ihre Stelle als Priorin eingenommen habe. Sie soll sich auf ihre Zelle begeben und ihr klösterliches Gewand anlegen. Am nächsten Morgen sieht Luisa, dass niemand sie vermisst hat. Sie beichtet dem Beichtvater des Klosters ihre Schuld und das durch Maria bewirkte Wunder.

Auch an Gregorio ist die göttliche Gnade offenbar geworden. Durch die Predigt eines Dominikaners, die das Schicksal des Mannes (offenbar des Theophilus) behandelt, der sich dem Teufel verschrieben p44 hatte, durch Maria aber vor der Verdammnis gerettet wurde, wird sein Gewissen erweckt. Er beichtet und zieht nach Rom, um dort Vergebung für seine Sünden zu erlangen. Von dort zurückgekehrt, begibt er sich nach dem Kloster Luisas. Auf seine Frage nach der entlaufenen Nonne erhält er die Antwort, dass sie noch Priorin und hoch geachtet wegen ihres heiligen Lebens sei. Ganz verwirrt durch diese Auskunft, geht er nach dem Haus seiner Eltern, denen er — ein zweiter Sankt Alexius —, ohne sich zu erkennen zu geben, Nachricht von ihrem Sohn bringt, den er angeblich in Neapel gesehen hat. Da erfährt er auch, dass seine Eltern das Geld, das er ihnen entwendet hatte, nicht vermisst haben. Maria hat es ebenso wie das aus dem Klosterschatz entnommene Geld durch ein Wunder ersetzt.

Schliesslich wird er von seiner Mutter erkannt. Er bleibt aber in seinem Entschluss, ein Mönch zu werden, fest. Von der Priorin hört er, durch welches Wunder ihre Abwesenheit geheim geblieben ist. Er tritt in ein Kloster ein, wird Prälat desselben und stirbt am selben Tage und zur selben Stunde wie die Priorin.

Diese Erzählung ist eine novellistische Bearbeitung des als Beatrixlegende bekannten Marienwunders1). Diese Legende ist im Mittelalter seit Caesarius von Heisterbach (1223)2) öfters lateinisch3) und vulgärsprachlich4) und in neuerer Zeit von Charles Nodier5), Gottfried Keller (in den sieben Legenden) und Maurice Maeterlinck (als Drama)6) behandelt worden. Sie gehört zu den Marienwundern, die die Ansicht vertreten, dass die Mutter Gottes auch dem grössten Sünder für den geringsten ihr erwiesenen Dienst ihre Hilfe und ihre Gnade gewährt. Watenphul (a. a. O.) hat das Verhältnis der mittelalterlichen Fassungen studiert. Er sucht sie alle auf die von Caesarius Heisterbacencis gelieferte Form zurückzuführen und unterscheidet in der weiteren Entwicklung der Legende zwei Gruppen:

1.  Die direkte Descendenz von Caesarius von Heisterbach. p45

2.  Die Form, die aus der Verschmelzung der Originallegende mit dem Typus „Nonne aus dem Kloster“ (Mussafia) entstanden ist: „Die Nonne wird beim Verlassen des Klosters zweimal von der Jungfrau Maria aufgehalten, bis es ihr das dritte Mal, wo sie ohne Gruss an dem Muttergottesbilde vorbeischreitet gelingt, das Kloster zu verlassen.“ Zu dieser Gruppe können wir noch eine Legende stellen, die auch Legrand-d’Aussy1) zur Beatrixlegende rechnet: „Eine Nonne (weder als Küsterin, noch mit Namen bezeichnet) wird von dem Neffen der Äbtissin verführt. Im übrigen Übereinstimmung mit der Legende von Beatrix der Küsterin.“

Die Quellenbestimmung für die Novelle Avellanedas ist durch den Hinweis auf den Discipulus2) nicht ohne weiteres erledigt. Denn seine Erzählung bringt weit mehr als der Discipulus3), der nur Caesarius kopiert. Der Inhalt dieser Fassung ist folgender:

„Die Küsterin Beatrix, eine glühende Verehrerin der Jungfrau Maria, verlässt das Kloster, um ihrem Buhlen zu folgen, und vertraut die Schlüssel der Maria an. Von ihrem Verführer verlassen, lebt sie 15 Jahre als Dirne. Endlich kehrt sie zurück; niemand hat ihre Abwesenheit bemerkt, denn Maria hat ihre Stelle vertreten.“

Das Motiv der Entwendung des Geldes durch die Liebenden und die wunderbare Zurückerstattung durch die Jungfrau ist der Legende Rittersfrau und Kleriker4) entlehnt. Die für die ganze Descendenz von Caesarius von Heisterbach charakteristische Frage der zurückkehrenden Nonne an der Klostertür bezw. im Nachbarhause fehlt, dafür steht die Erkundigung Gregorios. Die Legende beschäftigt sich nicht mit den weiteren Schicksalen des Verführers. Der ganze die Rückkehr Gregorios behandelnde Teil bei Avellaneda ist unter deutlichem Einfluss der Alexiuslegende entstanden. Gemeinsam mit einigen jüngeren Fassungen (altisländische1), mittelniederländische2), und Nodier), jedenfalls aber selbstständig von Avellaneda eingeführt, ist die Annahme einer Jugendbekanntschaft zwischen der Priorin und dem Jüngling. Die Personennamen und die Lokalisierung der Erzählung stammen auch von ihm. Einzelheiten, die Gespräche der Liebenden, der Aufenthalt in Lissabon, in Badajoz usw., sind novellistisch ausgestaltet, so dass das alte Legendarische fast vollständig überwuchert ist. Nach Abzug des Legendenhaften hat unsere Novelle eine gewisse Ähnlichkeit mit François Prévosts Manon Lescaut (1728). Der Held dieses Romans bleibt, nachdem er den Rest seines Vermögens verspielt hat, bei seiner Geliebten, die sich und ihn durch ihre Schande erhält.

Um das Verzeichnis der von Watenphul angegebenen Fassungen zu vervollständigen, will ich noch zwei spanische Bearbeitungen anführen:

1.  Calderon de la Barca im Purgatorio de San Patricio. Ludovico Enio erzählt dem König Egerio in Jornada I. dieses Stückes, er habe eine Nonne verführt, geraubt und geheiratet, sich mit ihr nach Valencia begeben, dort, nachdem er sein Vermögen verschwendet habe, den Versuch gemacht durch ihre Unehre Geld zu gewinnen. Sie jedoch habe sich geweigert und sei in das Kloster zurückgeflohen. — Es fehlt das Wunder.

2.  Lope de Vega hat die Legende zum Gegenstand eines Schauspiels La Buena Guarda gemacht.

Doña Clara de Lara, Oberin eines Klosters, steht im Geruche der Heiligkeit, lässt sich aber von ihrem Majordomus Felis zur Liebe und Flucht verführen. Ihre Stelle im Kloster nimmt während ihrer Abwesenheit ein Engel in ihrer Gestalt ein, welcher ihr, nachdem sie bereut und Busse getan hat, die Regierung wieder übergibt.

Die diesem Stück zu Grunde liegende Fassung der Legende wird repräsentiert durch die Handschrift Brit. Mus. Additional 33 9563) (Anf. 14. Jahrh.), wo ebenfalls ein Engel die Vertretung übernimmt4).

Ein abschliessendes Urteil über Avellanedas Don Quijote lässt sich p47 in wenigen Worten geben. Dass er dem Werke des Cervantes bei weitem nachsteht, wird nach den vorausgegangenen Betrachtungen keinem Zweifel unterliegen. Trotzdem muss jeder zugeben, dass man sich bei seiner Lektüre ganz gut unterhält. Die Komik ist reichlich aber derb. Tubino1) fasst seine Meinung in folgenden Worten zusammen, denen wir gern beistimmen: „Es el Quijote de Avellaneda una novela entretenida: el Quijote de Cervantes, simulacro eterno de la humanidad en todas las zonas, en todos los tiempos y en todas las gradaciones y esferas de la vida. Distrae el primero haciendo reir, el segundo lleva la melancolía al animo y pone lágrimas en los ojos.“

Günstiger lautet das Urteil Fitzmaurice-Kellys2): „It is, in fact, a work of considerable interest and entertainment and, were Cervantes not in possession of the field, it would still find readers.“ Und wäre der Don Quijote des Cervantes nicht geschrieben worden, können wir sagen, so hätte Avellaneda nicht den seinen verfasst.

Zweiter Teil.

Lesages Bearbeitung von Avellanedas Don Quijote.

Nachdem Lesage sich mit Übersetzungen aus dem Spanischen (Théâtre espagnol, 1700) auf dem Gebiet des Dramas versucht hatte, führte er sich auch als Romanschriftsteller mit einer Übersetzung aus dem Spanischen ein. So bezeichnet er wenigstens seine Bearbeitung des Don Quijote von Avellaneda, obgleich der erste Band eine sehr freie Übertragung, der zweite aber fast vollständig originell ist.

Einen besonderen Erfolg hatte er nicht mit seinem Buche, wenn es auch das Journal des Sçavants (1704 S. 207) sehr günstig beurteilte: „Les lecteurs français ne s’apercevront point de la rudesse d’Avellaneda dans la traduction qu’on donne anjourd’hui au public; le style en est aisé et sans embarras. On est obligé à l’auteur du soin qu’il a pris de donner à sa traduction un tour et des manières de parler si françaises qu’on n’y reconnaît plus les défauts que Cervantes trouvait dans l’original. Mais il est à craindre qu’on ne dise qu’il est tombé dans un autre défaut; c’est de répéter trop souvent certaines manières de parler populaires, comme Par la gerny, Mardy, oh! dame! et p48 plusieurs autres. Il est vrai que c’est dans la bouche de Sancho qu’il les met; mais ne pourrait-on point dire qu’elles y sont trop fréquentes et qu’on en est fatigué?“

I.  Den sechsunddreissig Kapiteln Avellanedas entsprechen siebzig Kapitel bei Lesage. Mit dem Fortschreiten der Erzählung entfernt sich der Bearbeiter immer mehr von seiner Vorlage.

Avellanedas Capitulo I — entspricht den Kap. 1 und 2 und einem Teil von 3.  Sancho bringt am Sonntag nach seinem ersten Besuch den Ritterroman Floristian de Candaria, durch dessen Lektüre in dem Ritter die alte Narrheit erwacht. Er beschliesst den vierten Auszug, verspricht Sancho einen neuen Esel und schickt ihn mit einem Brief zu Dulcinea. Ausgelassen ist nur Unwesentliches.

Capitulo II — Rest von Kap. 3 und 4 (zum Teil).  Die Antwort Dulcineas ist um eine Drohung mit ihren Brüdern erweitert. Ziemlich wörtlich.

Capitulo III — Kap. 4 und 5.  Hinzugefügt ist ein Citat aus dem Belianis de Grecia: „Ce fut de cette sorte et par le ministère de l’Infante Impéria que la Sage Belonie fit tenir des armes á Don Belianis son favori“ etc. Sancho kauft den Esel des Tomé Cecial (D. Q. II). Die alte Lanze finden sie als Besenstiel wieder. Eine kupferne Waschschüssel ist der „Schild des Bandenazar“. Erwähnung Sanson Carrascos (D. Q. II).

Capitulo IV und V — Kap. 6.

Capitulo VI — Kap. 7 und 8. — „Le palais magnifique qui s’offroit tantôt à ma vûe est disparu ... il ne faut pas s’étonner si toy, qui n’es qu’un païsan, tu ne vois les choses qu’en païsan. Mais moy qui suis armé Chevalier, et qui par conséquent voy les choses comme elles sont réellement; j’ay sujet d’estre surpris de n’appercevoir ici qu’une simple cabane.“ (cf. L. 5. Cap. 32.)

Capitulo VII — Kap. 9–11. — Bei Tafel spricht man über den 1. Teil des Don Quijote von Cid Hamet Benengely. Don Quichotte durchblättert ihn und bricht in Zorn aus über das Bild, das der Verfasser von ihm macht (cf. D. Q. II, 59). Dann spricht er über Poesie und recitiert ein Sonett an Dulcinea.

Capitulo VIII — Livre second.  Kap. 12.

„Infortuné Chevalier, s’écrie le sage Alisolan au commencement de ce Chapitre“ etc. (ahmt ähnliche Kapiteleingänge nach, D. Q. I, 15, 22, II 8, 10, 24, 27 etc.).

Capitulo IX und X — Kap. 13 und 14. p49

Capitulo XI — Kap. 15.  Turnier in Zaragoza stark gekürzt. Es fehlen die Mottos der Ritter.

Capitulo XII und XIII — Kap. 16–18.

Capitulo XIV — Livre Troisième.  Kap. 19.

Capitulo XV und XVI enthalten die Novelle El rico desesperado, die bei Lesage fehlt.

Kap. 20.  De la mort du Frère Jacques et de ce qui se passa à son enterrement. Ein verstorbener Einsiedler, Frère Jacques, wird als verkleidete Frau erkannt. Bei ihrem Anblick fällt Bruder Stephanus, der Eremit Avellanedas, in Ohnmacht. Im Pfarrhause des nächsten Dorfes erzählt er zur Begründung seiner Ergriffenheit die Novelle Los Felices Amantes (Kap. 21 und 22). Er ist Don Gregorio, der verstorbene Einsiedler Luisa. Das Legendenhafte ist ausgelassen.

Auf diese Weise wird die Novelle an die Hauptfabel angeschlossen.

Capitulo XXI u. XXII — Kap. 23–25 (z. T.).

Capitulo XXIII — Kap. 25 (Forts.) ist von Lesage von Obscönitäten gesäubert worden.

Kap. 26.  Man trifft eine Kutsche.  Ihre Insassen sind der Bruder Antonios de Bracamonte (Cap. XIV), der aus Peru zurückkehrt, dessen Frau und seine Schwiegermutter (cf. das Wiedersehen des Richters und des Kapitäns in D. Q. I).

Kap. 27.  Histoire de Don Raphaël de Bracamonte. Don Raphael ist zu der Zeit nach Peru gekommen, wie sich Pizarro dort der Herrschaft bemächtigt. Er schliesst sich nicht ihm, sondern dem königstreuen Offizier und Gouverneur der Insel Caxamalca Melchior Verdugo an, dessen Freund er wird. Während man erfolglos gegen Pizarro kämpft, kommt aus Spanien der Licenciat Pierre de la Gasca als Präsident des Kgl. Gerichtshofes. Diesem unterwerfen sich einige von Pizarros Offizieren. Pizarro selbst wird bei Xaguixguana besiegt. Zur Belohnung für seine Dienste erhält Don Raphael einige Indianer und gründet eine Silbermine, die ihm in acht Jahren 100 000 Taler einbringt. Mit diesem Gelde schifft er sich nach Lima ein. Bei Panama erleidet er Schiffbruch, rettet nur das nackte Leben und wird von einem Don Michael aufgenommen. Er gewinnt die Liebe einer begüterten Dame, Doña Theodora, der Tochter Doña Marias. Ehe die Mutter ihm ihre Tochter gibt, erzählt sie ihm ihre Geschichte.

Sie hat sich, um ihren Bruder, der den Neffen eines Gouverneurs getötet hatte, zu retten, dem Gouverneur preisgegeben. Daher stammt p50 Theodora. Ihr Bruder war trotzdem getötet worden, der Gouverneur zwar bestraft, sie aber mit ihrer Tochter der Schande ausgesetzt, so dass sie den Wunsch hegt, nach Spanien zu gehen, wo niemand sie kennt. Raphael hat trotz des Makels, der an ihrer Geburt haftet, Theodora geheiratet und ist mit ihr nach Spanien zurückgekehrt.

Kap. 28.  Comment Don Quichotte empêcha l’Enchanteur Panphus (den Kutscher Don Raphaels) d’enlever la reine Cénobie.

Capitulo XXV — Kap. 29.  Mit dem einen der Studenten, die Don Quichotte trifft, der ein Dramatiker ist, hält er ein Gespräch über die Komödie (cf. D. Q. I, 48).

Capitulo XXVI — Kap. 30.  Der Theaterdirektor verzaubert Don Quichotte für dreihundert Jahre und nimmt ihm die Sprache, so dass er nicht zu sprechen wagt, er wird jedoch bald wieder von dem Bann befreit.

Capitulo XXVII — Kap. 31.

Kap. 32.  De la vive douleur qu’eut Sancho de ne pas voir les choses en Chevalier errant. Vgl. L. S. Kap. 8 und D. Q. I, 25.

Kap. 33.  Anfang vgl. Avellaneda S. 86b. Sancho soll entzaubert werden, d. h. er soll lernen, die Dinge wie sein Herr zu sehen. Die Zeremonie, ein Gegenstück zu der Auferweckung Altisidoras (II, 69) misslingt, da Sancho das ihm auferlegte Schweigen bricht.

Capitulo XXVII (Forts.) und XXVIII — Kap. 34.

Capitulo XXVIII — Livre Quatrième, Kap. 35 u. 36.

Kap. 37.  (Anf.-Cap. XXIX–XL.)

Die edelste und nützlichste Tat Don Quichottes. Man befreit ein junges Mädchen aus den Händen einiger Räuber. Ein junger Edelmann wird dabei von Don Quichotte unterstützt.

Einer der Räuber, der tödlich verwundet ist, erzählt, wie er vor Jahren einen Bauern und eine Amme ermordet hat, deren Pflegling er einer Witwe zur Erziehung übergeben hat. Sodann erzählt die schöne Engracia, so heisst das junge Mädchen, ihre Geschichte. Sie ist die Tochter Don Fernando de Peraltas, der als Kommandeur eines Schiffes der Armada gefallen ist. Kurz nach seinem Tode wird ein Sohn geboren, der, als er einmal mit seiner Amme aufs Land ging, spurlos verschwand. Engracia wächst unter Obhut ihres Onkels Don Diego auf. Sie macht die Bekanntschaft Don Cristobal’s de Luna, gewinnt ihn lieb und lässt ihn nachts heimlich zu sich kommen. Wie sie ihn einmal hereinlassen will, findet sie ihn ermordet. Da sie glaubt, dass man auch ihr nach dem Leben trachte, flieht sie zu einer Frau Paule. Von dieser wird sie an die Räuberbande verraten, aus deren Hände sie Don Cesar p51 und Don Quichotte befreit haben. Don Cesar, der Don Cristobal kennt, sagt ihr, dass dieser nicht tot, sondern nur verwundet gewesen sei, aber wegen seiner Untreue ihre Liebe nicht verdiene.

Man trifft Engracias Onkel Don Diego. Es stellt sich heraus, dass Don Cesar der verloren geglaubte Sohn Fernando Peraltas ist.

Av. p. 92a — Kap. 41.  Don Quichottes Ankunft in Madrid.

Av. p. 93b und 96a erweitert in Kap. 42.

Kap. 43 u. 44.  Da die Herren, Don Alvar, Don Cesar etc., darauf aufmerksam machen, dass es keinen Ritter ohne Dame gäbe — was übrigens falsch ist, der Sonnenritter hat ja Claridiana verlassen — beschliesst Don Quichotte Zenobia zu seiner Herrin zu erheben. Als Chevalier des Amours lässt er sich eine neue Devise malen.

Kap. 45.  Litterarisches Gespräch. Kritik des Don Quijote.

Capitulo XXIX–XXXII fehlen bei Le Sage.

Capitulo XXXIII — Kap. 47.  Einiges ausgelassen. Der Kampf Sanchos mit dem schwarzen Knappen nach Capitulo XXXII.

Kap. 48.  Abenteuer mit einem Herrn, der eine Serenade darbringt. Barbara wird mit zehn Dukaten heimgeschickt, nicht in die Casa de Arrepentidas.

Kap. 49.  Abreise der Königin Zenobia und Ankunft Don Fernandos de Peralta (Don César).

Kap. 50.  Erzählung Fernandos de Peralta. Mit vierzehn Jahren ist er seiner Pflegemutter fortgelaufen, um Soldat zu werden. Don Pedro de Luna lässt ihn mit seinem Sohn erziehen. Nach drei Jahren begibt er sich nach Flandern, wo er mit Don Pedro unter dem Kardinal-Infanten Erzherzog Albert am Krieg teilnimmt. Er zeichnet sich aus, erhält den Titel Don und wird zum Lieutenant-Colonel befördert. Auf dem Heimweg hat er ein Abenteuer in einem Schloss, wo er eine unbekannte Dame im Bade überrascht. Kurz darauf befreit er sie aus den Händen eines Entführers. Er verliebt sich in sie, ohne ihren Namen zu erfahren. In Madrid erhält er ein Stelldichein von Anna de Montoya, der schönen Unbekannten, muss aber bald darauf wieder nach Flandern.

Kap. 51.  Sancho entdeckt die Abreise Zenobias. Don Quichotte will ihn nachschicken und entwickelt dabei eine erstaunliche Geographiekenntnis.

Kap. 52.  Fernando fährt in seiner Erzählung fort. Nachdem er sich in Flandern von neuem ausgezeichnet hat, kehrt er zurück. Durch ein Versehen verwundet er Don Cristobal, seinen Pflegebruder (vgl. Cap. 39). Don Cristobal verlobt sich, nachdem Engracia p52 verschwunden ist (Cap. 39), mit Anna de Montoya, der Herzenskönigin Fernandos, und will nicht zurücktreten. Wie nun Don Cristobal erfährt, dass sich Engracia wieder gefunden hat, erwacht die alte Liebe in ihm. Er verlobt sich mit ihr, Fernando mit Anna de Montoya.

Kap. 53 z. T. = Cap. XXXIII.

Kap. 54.  Der Archipampano erzählt den Grund seines Kommens, indem er sich an eine Episode aus dem Belianis de Grecia anschliesst. Verwunschenes Zelt mit dem Kalifen und seiner Tochter Cerizette1). Schönheitsprobe. Entführung von Archipampanos Tochter Burlerina.

Capitulo XXIV — Kap. 55.

Kap. 56 und 57. Die Erzählung Burlerinas bei L. S. ist ein Gegenstück zu der Erzählung Trifaldis. (D. Q. II, 36 ff.)

B. ist von einem Zauberer nach Australien entführt worden. Von Friston, den sie verschmäht, ins Wasser geschleudert rettet sie sich durch Schwimmen. Pastoralepisode vgl. S. 63 u. 64. Ihr Stiefbruder wird von fünf Riesen getötet. Von dem schwarzen Zauberer, dessen Liebe sie ausschlägt, wird sie in eine Riesin verwandelt. Durch Don Quichotte ist dieser Zauber gehoben worden (Kap. 55). Doch ist sie schwarz geblieben (vgl. den Bart Trifaldis).

Kap. 58 und 59.  Um sie weiss zu färben, soll Sancho vierundzwanzig Stunden fasten. Er hält dies nicht aus. Die Entzauberung gelingt trotzdem.

Kap. 60.  Kritik des Curioso impertinente.

Kap. 61–63.  Liebe Don Quichottes und Burlerinens.

Kap. 64.  Auf der Jagd Abenteuer mit einem Pächterskinde, das Don Quichotte Belforan, den Sohn des Belianis, nennt.

Kap. 65.  Am Abend Ball (vgl. D. Q. II, 62).

Kap. 66.  Auf der Jagd trifft Don Quichotte eine Dueña, die ihn im Namen Dulcineas bittet, diese an ihrem ungetreuen Ritter zu rächen. Er beschliesst, zu seiner ehemaligen Geliebten zurückzukehren.

Kap. 68.  Er verabschiedet sich von Sancho und Rocinante (vgl. I, 25), um für seine Untreue in der Einsamkeit Busse zu tun und den Tod zu erwarten.

Kap. 69.  Der Barbier überbringt ihm einen Brief von Dulcinea, der Don Quichotte zu ihr ruft, da sie vom Kaiser von Trapezunt bedrängt wird. Don Quichotte beschliesst, nach dem Muster des Belianis vier Tage nicht zu reden.

Kap. 70. Auf dem Heimwege hat Don Quichotte einen p53 Streit mit einigen Schützen der Hermandad, tötet einen Offizier und wird selbst erschossen.

Diese Kapitel vertreten den in Cap. XXXV und XXXVI enthaltenen Schluss Avellanedas. Es erfüllt sich damit die zweite Möglichkeit des Ausganges von Don Quijotes Narrheit. Sollte er nicht im Tollhaus enden, so musste er schiesslich einmal mit der weltlichen Ordnung in Konflikt kommen. Diese mit dem Ausgang des ersten Teiles verwandte Lösung ist entschieden eine Besserung, wenn sie auch in ästhetischer Beziehung weit hinter dem Schluss des echten zweiten Teiles zurücksteht.

Aus der Vergleichung der beiden Werke, des Originals und der Bearbeitung, geht hervor, wie frei Lesage den Stoff seiner Vorlage behandelt hat. Hier und da habe ich darauf hingewiesen, wie er in seinen Abweichungen von dem echten Don Quijote beeinflusst worden ist. Bei der Umarbeitung des Buches ist ihm auch eine gute Kenntnis der Ritterromane nützlich gewesen. Er hat nicht nur von den übermässigen Anführungen von Romanzen und Heiligen abgesehen, sondern auch aus dem Schatz seiner eigenen Lektüre Anspielungen auf die Ritterromane eingesetzt. Besonders bevorzugt er den Belianis de Grecia. Auch den Verliebten Roland, den er 1712 übersetzte1), und den Rasenden Roland hat er benutzt.

II.  Für Lesages Übersetzungstechnik lassen sich, wenn man seine übrigen Übersetzungen2) mit heranzieht, ausser seiner grossen Freiheit dem Original gegenüber keine allgemeinen Grundsätze aufstellen. Denn in jedem Falle war seine Aufgabe eine andere. Musste er zum Beispiel in der Einkleidung des Diable Boiteux an die Stelle der kultistischen Überladenheit von Guevaras Stil eine leichte, von allegorischen Elementen freie Sprache setzen, so lag es ihm bei Avellaneda ob, dessen etwas schwerfällige und oft allzu sachliche Sprache lebendiger zu gestalten. Die Mittel, deren er sich bedient, sind verschiedener Natur.

Lange Perioden löst er auf. Hierin zeigt sich schon das Hauptmerkmal seines späteren Stiles: die Vorliebe für kurze und klare Sätze.

Ich führe eine ziemlich wörtlich wiedergegebene Stelle als Beispiel an: p54

Cap. I: „Ya no le llamaban don Quijote, sino el señor Martin Quijada, que era su propio nombre; aunque en ausencia suya tenian algunos ratos de pasatiempo con lo que dél se decia, y de que se acordaban todos, como lo del rescatar ó libertar de los galeotes ... Sucedió pues en este tiempo, que, dándole á su sobrina, el mes de agosto, una calentura de las que los físicos llaman efímeras, que son de veinte y cuatro horas, el accidente fué tal, que dentro dese tiempo la sobrina Madalena murió quedando el buen hidalgo solo y desconsolado.“ „Enfin le Seigneur Martin Quexada, car on ne l’appeloit déjà plus Don Quichotte, passoit pour un homme entierement revenu dans son bon sens, et on en rendoit graces au ciel. Personne toutefois n’osoit encore lui dire aucune chose qui eût du rapport avec sa folie passée; en quoy, certes, on faisoit paroître bien de la prudence. Il est vray que les rieurs du village se dédommageaient entr’eux de cette discretion en s’entretenant de ses avantures. Il arriva dans ce temps-là que les chaleurs de la saison causerent à sa nièce une de ces fièvres que les Médecins appellent Ephemeres, et qui pour n’être ordinairement que d’un jour, ne laissent pas d’être quelques fois fort dangereuses. En effet l’accident fut tel que la pauvre Madelaine en mourut. Huit cens ducats que Don Quichotte tira de sa succession ne l’empêcherent pas de sentir vivement sa mort.“

Lesage ist in seiner Ausdrucksweise weitläufiger, aber launiger, konkreter, persönlicher als Avellaneda.

Wie der Übersetzer es versteht, durch Specialisierung der allgemeinen Redeweise der Sprache einen vertraulichen Charakter zu geben, zeigt sich in folgenden Beispielen:

„... las (barbas) tengo más espesas que escobilla de barbero“ (Cap. II). ... „j’avais ce jour-là par malheur la barbe plus épaisse que les vergettes de Maître Nicolas le Barbier“ (Kap. 3).
p55 „Una hora antes que amaneciese llegaron á la puerta de Don Quijote el cura y los alcaldes á llamar, que venían á despertar al señor don Alvaro“ (Cap. III). „Une heure avant le jour on frappa cinq ou six coups de suite à la porte. Nostre chevalier se réveilla“ etc. (Kap. 4).
... „¡mal año para la guitarra del barbero de mi lugar que mejor música haga cuando canta el pasacalle de noche!“ (Cap. VI). ... „tu faisais une musique aussi agréable que celle du Barbier, quand il va la nuit jouer la guitarre et chanter sous les fenestres de la grosse Jeanne“ (Kap. 9).

Nach dem Muster des Cid Hamete Benengely bei Cervantes erwähnt Lesage öfters den fingierten Chronisten Alisolan, den Avellaneda nach dem ersten Kapitel vollständig aus dem Auge verloren hat, z. B. Kap. 8, 12, 15, 17, 34 etc. Don Alvaro redet von seiner Geliebten in der schwülstigen Sprache der erotischen Romane. Lesage vereinfacht diese Stelle in folgender Weise:

„Por mandado de un serafín en hábito de mujer, el cual es reina de mi voluntad, objeto de mis deseos, centro de mis suspiros, archivo de mis pensamientos, paraíso de mis memorias, y finalmente, consumada gloria de la vida que poseo. Esta, como digo, me mandó que partiese para estas justas y entrase en ellas en su nombre, y le trujese alguna de las ricas joyas y preseas que en premio se les ha de dar á los venturosos aventureros vencedores“ (Cap. I). „Une dame que j’aime veut que je paroisse aux joûtes de Saragosse comme son chevalier et j’y vais, pour lui plaire, disputer le prix, qui doit être la récompense du Vainqueur.“

Don Alvaro ist ein vernünftiger Mann und muss auch wie ein vernünftiger Mensch sprechen. Sonst verliert die pompöse Redeweise Don Quichottes ihre Wirkung.

Die Beschreibung, die Don Alvaro von seiner Schönen macht, hat Lesage in Don Quichottes Mund gelegt als eine Lobpreisung Dulcineas. Sie eignet sich auch wirklich besser für diesen Zweck.

p56 „Fuera de la virtud del ánimo, es sin duda blanca como el sol, las mejillas de rosa, los dientes de marfil, los labios de coral, el cuello de alabastro“ etc. (ib.) „Ses yeux et son teint ont l’éclat du soleil et l’incarnat naturel de ses joues ressemble à la rose qui s’épanouit: ses dents sont d’yvoire, les livres de corail et son col efface la blancheur de l’albâtre.“

Es ist dies die conventionelle Schönheitsbeschreibung1).

Obscöne Stellen hat Lesage entweder ausgelassen oder gemildert, z. B.:

„La disoluta doncella ... contra la esperanza que tenía de dormir con don Quijote.“ „Elle jugea bien que Don Quichotte n’était pas homme á imiter tous les muletiers qui passaient.“

Meistens aber hat Lesage so frei übersetzt, dass man das Original nicht wiedererkennen kann. Auch die Anordnung des Stoffes hat er nicht überall so gelassen, wie er sie vorfand. Daraus kann man einen Schluss auf seine Arbeitsweise ziehen. Es macht den Eindruck, als habe er ein Kapitel immer erst gelesen und dann aus dem Gedächtnis niedergeschrieben. Daher kann das nahtlose Ineinandergehen der originellen Stellen und der Einschübe kommen, daher die durchaus französische Diktion. In der klaren, reinen Sprache zeigt sich vorteilhaft die klassische Schule des 17. Jahrhunderts.

III.  Ausser der Novelle de los Felices Amantes hat Lesage noch zwei andere Erzählungen eingeschoben. Alle drei sind an die Haupthandlung angeschlossen. Die der Erzählung Raphaels de Bracamonte zu Grunde liegenden historischen Ereignisse sind berichtet bei Garcilaso de la Vega, Historia de las guerras civiles de los españoles en las Indias2), nur dass da die Rolle Melchior Verdugos nicht so ehrenvoll ist, wie sie bei Lesage erscheint.

Ferner trägt der Vizekönig Blasco Nuñez selbst eine bedeutende p57 Schuld an dem Aufstande Gonzalo Pizarros und seiner Offiziere, die in der Provinz ältere Rechte zu haben glaubten und das scharfe Vorgehen des Vizekönigs nicht billigten.

Die zweite Novelle (Erzählung Engracias und Fernandos vgl. S. 50–52) hat als geschichtliche Grundlage Ereignisse aus dem Aufstand der Niederlande (Belagerung von Hulst 1596 — Einnahme von Ostende 1604), die am ausführlichsten von Bentivoglio1) berichtet werden.

Damit soll nicht gesagt sein, dass die Handlung der Novelle von Lesage erfunden sei. Ihre ganze Anlage weist vielmehr darauf hin, dass sie einer spanischen Komödie nacherzählt ist. Die historischen Ereignisse stehen so wenig in engerem Zusammenhang mit der eigentlichen Erzählung, dass sie wohl von Lesage auf Grund geschichtlicher Studien hinzugefügt sein können. Im übrigen finden wir den ganzen Apparat einer „comedia di capa y espada“ Calderonschen Stiles: Raub eines Kindes, Entführung, Stelldichein, nächtlicher Irrtum, Verkleidung und schliesslich die glückliche Auflösung des ganzen Wirrwarrs in einer Doppelhochzeit. Es ist mir nicht gelungen, unter dem mir zugänglichen Material die Vorlage der Novelle zu finden. Ich bin aber überzeugt, dass Lesage sie nicht erfunden hat.

Die Zerlegung der Erzählung in Einzelberichte der dabei beteiligten Personen ist ein billiges Spannungsmittel und von Lesage auch später wieder im Gil Blas2) verwandt worden. —

IV.  „La vraisemblance qui ne se trouve pas toujours dans l’histoire, est essentielle au Roman.“ Dieses von Huet3) ausgesprochene Gesetz ist nicht von dem Idealroman des 17. Jahrhunderts abgeleitet, sondern erst von dem Gebiete des Dramas auf das Gebiet des Romans übertragen. So kommt es als eine allgemeine anerkannte Forderung erst im Ausgange des 17. und im Anfange des 18. Jahrhunderts beim Roman zur Anwendung. Lesage verfährt daher vollkommen im Sinne dieser neuen Strömung, wenn er in seiner Kritik des Don Quijote Schlagwörter wie „bon sens, raison, vraisemblance“, die der französische p58 Klassizismus meist in bezug auf andere Dichtungsgattungen gebraucht, auch für den Roman ins Feld führt.

Die ersten Spuren der Forderung der Wahrscheinlichkeit finden sich jedoch bereits in den Anfängen der Reaktion gegen den Idealroman. Schon im Jahre 1628 wendet Charles Sorel in seinen Remarques sur les XIV livres du Berger extravagant dieses Gesetz als Massstab für seine Kritik des Don Quijote von Cervantes an1). Nachdem er sich gegen den Vorwurf gewehrt hat, er habe den Don Quijote kopiert, liefert er eine Kritik dieses Buches, die ungerecht und parteiisch, in manchen Stücken aber richtig ist. Diese Besprechung des Werkes von Cervantes ist deshalb wichtig, weil es der erste Versuch ist, es von einem bestimmten kritischen Gesichtspunkt aus zu betrachten.

Wenn Sorel meint, dass der Stoff bei Cervantes zu weitläufig behandelt sei, und sich rühmt, er könne alles, was gegen die Ritterbücher zu sagen sei, auf vier Seiten zusammendrängen, so würde er wohl kaum mit diesen vier Seiten denselben Erfolg gehabt haben wie Cervantes mit seinem Buch.

Er wirft ihm ferner vulgäre Sprache und Mangel an feiner Komik vor. Unwahrscheinlich findet er es, dass der Herzog es sich soviel kosten lässt, Sancho zum Gouverneur zu machen und doch selbst nicht Zeuge dieser Verulkung des Knappen ist. Don Quijote, der Windmühlen für Riesen und Schafe für Heere hält, erscheint ihm sonst zu vernünftig, seine Heilung aber unmotiviert und zu plötzlich. „Mais enfin“, schliesst er, „pour dire tout en un mot ce que je pense de l’histoire de Dom Quixote elle n’a garde de faire beaucoup contre les Romans veu que mesme elle est entremeslée d’une infinité de contes fort romanesques et qui ont fort peu d’apparence de vérité, si bien que comme telle elle est peut estre mise au rang de tant d’autres qui ont trouvé ici leur attaque“2).

Sorel ist mit seinem einseitigen Vernünftigkeitsprinzip der Beurteilung der genialen Schöpfung des Cervantes nicht gewachsen. Darin liegt ja gerade eine Stärke des Don Quijote, dass er die allzu üppig ausgeartete Phantasie wieder mit phantastischen Mitteln bekämpft hat. Wie wenig sich in diesem Kampf mit Vernunftgründen ausrichten lässt, zeigt Sorels Berger extravagant selbst.

Sonst ist das 17. Jahrhundert (Clerville1), Scarron, Huet2) u. a. m.) p59 dem Spanier mehr gerecht geworden. Nur Chapelain3) erhebt noch einmal seine Stimme zu Gunsten des Ritterromans: „Si je condamnois absolument la galanterie de Lancelot, je craindrais de tomber dans l’inconvénient où est tombé l’auteur du Don Quichotte, quand il a fait le plaisant aux dépens des chevaliers errants, faute de considérer comme nous le temps où ils agissaient, et les mœurs qui y étaient reçues.“

Erst Lesage hat es im 45. Kapitel seines Don Quichotte wieder unternommen, den spanischen Don Quijote in weiterem Umfange zu kritisieren. Es ist ein Kapitel, das man „ohne Vorurteil lesen soll“, das aber nicht ohne Vorurteil geschrieben ist. Der Graf, in dessen Hause der Ritter weilt, und Don Pedro de Luna unterhalten sich im Beisein Don Quichottes über das Buch des Cid Hamet Benengely. Don Pedro greift es an, der Graf verteidigt es. Zunächst geht es gegen Abschweifungen (Don Quichottes Rede über die Waffen und die Wissenschaften) und Moralisationen: „Je ne veux pas qu’un Roman comique soit chargé de dissertations et de traits sérieux.“ Dann führt Lesage das Gesetz der Wahrscheinlichkeit ins Feld. Ob er Sorels Kritik gekannt hat, lässt sich nicht mit Bestimmtheit sagen. Jedenfalls berührt er sich in vielen Punkten mit ihm: „Il respecte si peu la vray-semblance et la raison qu’il n’y a presque pas une avanture dans son ouvrage qui ne soit racontée avec quelque circonstance qui en oste la possibilité.“ Er bekräftigt dies durch das Beispiel des Bauern, der nicht all die von dem Hidalgo genannten Namen hätte behalten können (I, 5) und mit dem Sanchos, der bei dem Abenteuer mit der Walkmühle am nächsten Morgen alles wiederholt, was sein Herr in der Nacht gesagt hat, während er ein anderes Mal kaum ein Wort von dem Brief an Dulcinea behält. Auch in dem Kapitel von Don Quijotes Ritterschlag findet Don Pedro verschiedene Unwahrscheinlichkeiten. Der Biskayer kann nach seiner Meinung nicht ein Kissen als Schild nehmen, auf dem die Damen sitzen, die Galeerensklaven nicht so schnell ihrer Ketten ledig werden, wie es p60 bei Cervantes scheint. Unrecht hat Don Pedro, wenn er darin einen Fehler sieht, dass Don Quijote Sancho, der nie ein Schwert trägt, befiehlt, nicht den Degen zu seiner (Don Quijotes) Verteidigung zu ergreifen. In dem Escrutinio fällt ihm auf, dass der Pfarrer erst den Orlando Furioso lobt, dann aber den Barbier beglückwünscht, dass er ihn nur in italienischer Sprache besitzt, die er nicht versteht. Dass das Buch des Cervantes reich an sachlichen Irrtümern und Widersprüchen ist, ist bekannt. Niemandem wird es aber einfallen, durch diese Kleinigkeiten sein Urteil über seinen litterarischen Wert bestimmen zu lassen.

Cervantes kommt es eben nur auf die augenblickliche Wirkung an. Es kümmert ihn wenig, ob ein Umstand, der an seinem Platz einen guten komischen Effekt hergibt, mit irgend einer anderen Stelle in seinem Werke in Widerspruch steht1). Wenn er den Galeerensklaven nicht die nötige Zeit zu ihrer Befreiung aus den Ketten2) lässt, so haben wir es hier mit einem Verfahren tun, wie es aus Shakespeares Dramen als „doppelte Zeit“3) bekannt ist. Der Verfasser weiss unsere Aufmerksamkeit so sehr auf den Helden oder auf ein neueintretendes Ereignis zu konzentrieren, dass wir vollkommen vergessen, die eben abgebrochene Handlung genau zu prüfen.

Die Episoden und Novellen kommen nicht besser weg als das Werk selbst. Die Geschichte der Schäferin Marcela ist von „ermüdender Länge“, die eingeschalteten Verse schlecht, die Novelle le Curieux impertinent passt nicht hinein, doch es „gibt oft in Büchern Abschweifungen, die angenehmer sind als die Bücher selbst“. Die Geschichte von Zoraïde und dem Kapitän ist „diffus“. Und wie kann Dorothea, die mit ihrem Unglück beschäftigt ist, eine Komödienrolle spielen? „Pour vous dire ce que je pense de l’histoire de Dorothée“, sagt Don Alvar, „elle me paroist presque toute hors du vraisemblable. Je ne crois pas qu’une jeune fille bien élevée puisse avoir assez de hardiesse et de résolution p61 pour se déguiser en homme et aller servir un Païsan au milieu d’une forest affreuse. Je ne sçaurois croire non plus que Dorothée ait pû estre trois mois chez le Païsan qu’elle servoit, sans qu’on la connût pour ce qu’elle estoit. Quand sa beauté ne l’auroit pas trahie, elle avoit des cheveux longs et en quantité: comment pouvoit-elle les cacher sous sa capeline? Ce n’est pas tout: on ne voit personne qui parle tout seul dans un désert, et encore moins qui parle assez haut pour estre entendu distinctement de trente ou quarante pas.“

Man sieht, Lesage stellt bedeutende Forderungen in Bezug auf die äusserliche Wahrscheinlichkeit. Man höre aber auch, warum er sie fordert: „Cela (solche Freiheiten, wie sie sich Cervantes erlaubt) est bon dans le Roman héroïque où le merveilleux est reçu: mais non pas dans le comique où toutes les actions de la vie ordinaire doivent estre représentées naturellement.“

Die letzte Bemerkung ist wichtig für Lesages Anschauung vom Roman. Er identifiziert den komischen Roman ohne weiteres mit dem realistischen, und er hat ein gewisses Recht dazu, da ja das ganze 17. Jahrhundert dasselbe getan hatte. Von vornherein hatte der komische Roman es als seine besondere Aufgabe angesehen, die Wirklichkeit darzustellen. Er bringt es aber zunächst nur zu einem Realismus, der durch seine Gezwungenheit und Übertreibung sich der Komik schon nähert.

Der Hauptfehler Lesages liegt demnach darin, dass er sich bei seiner Beurteilung des Don Quijote nicht hat von den Kunstanschauungen seiner Zeit frei machen können.

V.  Alles, was wir in den späteren Büchern Lesages finden, kündigt sich schon in seinen ersten Versuchen an. Er wiederholt sich stets1). Gil Blas tritt das Erbe des Diable Boiteux an, und wer den Gil Blas gelesen hat, kennt schon zur Hälfte den Bachelier de Salamanque. Selbst in dem Don Quichotte treten bereits einzelne Elemente jener satirischen Sittenschilderung auf, die Lesages spätere Romane kennzeichnet.

Gelegenheit zu satirischen Ausfällen gibt Sanchos Ernennung zum Gouverneur der Wurstinsel. Sancho erfährt von Maroquin dem Angerussten, dem als Knappe des Riesen Tailleenclume (Tajayunque) verkleideten Sekretär, allerlei über die Verhältnisse auf seiner Insel2).

Die Gelehrten haben dort das Mittel erfunden vier Unzen Goldes p62 auf zwei zu reduzieren, Renten und Ländereien von hohen Einkünften in Kohlen zu verwandeln. Die Dichter will Sancho gut bezahlen, damit sie nichts Böses über ihn sagen. Lesage mochte wohl an sich selbst erfahren haben, dass die Dichtkunst ihren Mann nicht gut nährt. Frauen sind so vortrefflich, dass sich die Ehemänner über ihre beständig gute Laune ärgern können. Die Richter sind so geschickt, dass sie im Schlafe Recht sprechen und ganze Familien ruinieren können. Sie werden aber Sancho nicht hindern, wenn er sich bereichert, wie das Gouverneure zu tun pflegen1). Und nun zu den Ärzten, dem Lieblingsthema Lesages in seinen späteren Romanen. Sie sind ganz vortrefflich auf der Insel. Ein Beispiel: Ein Präsident wird wegen Brustfellentzündung von sechs Ärzten behandelt, die ihn so gut pflegen, dass sein Ende bald herannaht. Fünf Ärzte geben ihn auf und sagen, dass er den Sonntag nicht überleben werde, der sechste erreicht es durch seine Geschicklichkeit, dass er erst am Montag stirbt.

Selbst die litterarischen Beziehungen in Lesages Don Quichotte treten in seinen späteren Romanen wieder als alte Bekannte entgegen. Mit den beiden Studenten unterhält sich Don Quichotte über die Regeln des Aristoteles2), deren Undurchführbarkeit sich an einem spanischen Komödienstoff erweist. Dies Gespräch erinnert uns an den Disput der beiden Autoren im Hinkenden Teufel3) und Gil Blas’ litterarische Gespräche mit Fabrice.

Der Einfluss der Ritterromane, der in den Romanen des 17. Jahrhunderts überall Spuren zurückgelassen hat4), macht sich auch noch in Lesages Romanen bemerkbar. Wir haben bereits festgestellt, dass er eine ausgezeichnete Kenntnis dieser Litteraturgattung besass. Gil Blas findet in der Bibliothek zu Lirias auch Ritterbücher: „J’avoerai à ma honte“, heisst es, „que je ne haïssois pas non plus ces productions malgré toutes les extravagances dont elles sont tissues, soit que je ne fusse pas alors un lecteur à y regarder de si près, soit que le merveilleux rende les Espagnols trop indulgens5).“ Vielleicht ist es Lesage selbst, der dies Geständnis tut.

Vergleiche aus den Ritterromanen sind bei ihm nicht selten. Gil p63 Blas ist von der Schönheit der eintretenden Antonia ebenso betroffen, wie die Paladine am Hofe Karls des Grossen von den Reizen Angelicas1). Einige Spadassins nennt Lesage Fierabrase2), einige Kurtisanen ebenso gefährlich für die jungen Leute „wie jene schönen Ritterfräulein, die die Ritter, die an ihren Schlössern vorbeizogen, durch ihre Reize aufhielten“3).

Sonst macht er sich über die weitläufige Art der Ritterromane lustig4). Von einem Drucker von Ritterbüchern sagt er, er bereichere sich auf Kosten des guten Geschmacks5).

In der Bearbeitung von Avellanedas Don Quijote parodiert er die Ritterbücher durch die Erzählung Burlerinens. Die darin enthaltene Pastoralepisode interessiert uns besonders als eine Satire auf den Schäferroman6).

Der Zauberer Friston wirft Burlerina mit solcher Wucht zum Fenster hinaus, dass sie vom Pontus Euxinus aus in den Lignon fällt, denselben Fluss, in dem auch Céladon7) beinahe ertrunken wäre. Glücklicherweise wird sie von dem Schäfer Persino herausgefischt. Sie erzählt ihm natürlich sofort ihre ganze Geschichte; zum Dank dafür wartet er ihr mit seiner auf. Er ist ein Prinz, der sich aus unglücklicher Liebe zu Zenobia zum Schäfer gemacht hat. Er beschreibt sein idyllisches Leben: „Tantôt je prens ma flute ou ma musette et tantôt je compose des vers sur les merveilles de la nature. Je décris la beauté de la campagne. On entend chanter les oiseaux dans mes poésies. On y voit bondir les folâtres agneaux auprès des tendres brebiettes: et les murmurans ruisseaux promener sur le verd gazon leurs ondes cristalines.“ Jetzt fehlt ihm nur noch eine Schäferin, um sein friedliches Glück vollkommen zu machen. Es trifft sich ausgezeichnet, dass die Schäferei Burlerina ungeheuren Spass macht. Sie nennt sich Philis und übernimmt die Hälfte seiner Herde und einen Hund Mélampe: so heisst ja auch der Hund Astraeas. Ihr liebender Schäfer dichtet für sie in weniger als p64 einem Jahr zweihundert Eglogen, ebensoviel Elegien und mehr als Tausend Rondeaux. „Un jour entr’autres, je m’en sonviendray toute ma vie, il me chanta une chanson que je vais vous dire: j’en fus transportée. J’en perdis la respiration. Je pensay mourir d’un excès de ravissement. En voici les paroles:

„Un jour sur l’herbette fleurie
L’amoureux Persino surprit
Sa tendre Philis endormie.
Vous ne savez pas ce qu’il fit:
Il s’approcha doucement d’elle
Et pour soulager son tourment,
Ravi de la trouver si belle,
Il la regarda tendrement“.“

Das Glück der beiden soll aber nicht mehr lange dauern. Eines Tages kommt Burlerinens Halbbruder Rosinel und nimmt sie mit. Ihr Schäfer stirbt vor Schmerz: „Il fit retentir les rivages et les bois de ses pitoyables regrets, il jetta sa flute, brisa sa houlette, s’arracha les sourcils; et pour me servir d’une des plus belles comparaisons d’Homère, il se roula par terre comme on voit un boudin rouler sur les charbons. Enfin le trois ou quatre fois infortuné Persino joua de son reste et se laissa mourir en nôtre présence de fine rage et de pur amour.“ Unterwegs erzählen sich Rosinel und seine Schwester Ritterabenteuer. Sie liebt leidenschaftlich die Ritterbücher und glaubt sicher, dass sie einmal durch ihre Lektüre verrückt werden wird.

Auch im weiteren Verlauf der Erzählung handhabt Lesage geschickt den burlesken Stil. Die Geschichte Burlerinens gehört zu den besten satirischen Bestandteilen seines Buches und übertrifft die Vorlage bei weitem durch gesunde, frische Komik.

Ausser einer Erwähnung des Don Quichotte in der Valise trouvée1) kehrt das Don Quijotemotiv noch zweimal in Lesages Werken wieder. In dem Kapitel von den Träumen im Diable Boiteux2) heisst es von einer Gräfin: „C’est une liseuse de Romans, une tête pleine d’idées de Chevalerie. Elle fait un songe assez plaisant. Elle rêve qu’elle est Impératrice de Trébisonde, qu’on l’accuse d’adultère, et que le Chevalier qui se présente pour soutenir son innocence est vaincu par son accusateur.“ p65 Ausführlich behandelt finden wir den „weiblichen Don Quichotte“1) im Bachelier de Salamanque2). Der Baccalaureus wird von einer Marquise, deren Leidenschaft für die Ritterromane, von denen sie eine ganze Bibliothek besitzt, so weit geht, dass sie die ritterlichen Liebesabenteuer in Scene setzen will, als Hauslehrer für ihren Sohn angenommen. Der schlaue Don Chérubin de la Ronda geht auf ihre Verrücktheit ein und befindet sich dabei sehr wohl. „Voilà Monsieur le Bachelier de Salamanque changé en Chevalier Errant. Nous commençâmes, la Marquise et moi, à nous parler en Héros Romanesques. J’empruntois le stile du Chevalier du Soleil et elle celui de la Princesse Lindabrides. Nous avions tous les jours des entretiens sur le haut ton; mais il arrivoit quelquefois par malheur que l’Héroïne devenoit un peu trop tendre et le Héros trop passionné.“ Die Rückkehr des Gatten der Marquise macht diesem Idyll ein Ende.

Das Don Quijote-Motiv hat in dieser skizzenhaften Behandlung nichts mehr von seiner ursprünglichen polemischen Schärfe und weittragenden Bedeutung. Dass Lesage gerade einen weiblichen Don Quijote vorführt, ist bezeichnend für ihn. Er konnte sich offenbar nicht vorstellen, dass ein Mann in so hohem Masse der ästhetischen Illusion unterworfen sein könne. Amarylle verteidigt in dem litterarisch wichtigen 13. Buche3) des Berger extravagant die Romane als das einzige Bildungsmittel für das weibliche Geschlecht, das doch in allem gar so schlecht p66 und unzweckmässig unterrichtet sei. Die natürliche Folge dieser mangelhaften Bildung ist für das weibliche Geschlecht die Unfähigkeit, das in der Lektüre Gebotene kritisch zu sichten.

Auch die übrigen französischen Nachahmungen des Don Quijote beschränken sich nur auf litterarische Polemik. Ausser den bereits erwähnten Romanen Le Berger extravagant und Le Gascon extravagant ist für das 17. Jahrhundert noch Du Verdiers Chevalier Hypocondriaque1) (1632) zu nennen, der gegen den heroischen Roman gerichtet ist.

Wie Lesage begibt sich auch Marivaux mit einer Nachahmung des Don Quijote auf das Gebiet des Romans: Un Don Quichotte moderne (1712)2). „Junker Pharsamon, der seine Tage bei einem alten Onkel über zahllosen Ritterbüchern verträumt, wird endlich so wirr im Haupte, dass er nur von übernatürlichen Heldentaten, Qualen, Martern und sonstigen Ungeheuerlichkeiten phantasiert. So kommt es, dass auch sein Herz verwirrt wird, und er sich in Cidalise eine unmögliche Dulcinea erkürt, die gemütvolle Clorine sich entgehen lässt und schliesslich in die Netze einer schon gereiften Witwe fällt.“

Eine weitere Nachahmung des Don Quijote ist enthalten in Marivaux’ Erzählung La voiture embourbée (1714), einer Art Dekameron. Eine stecken gebliebene Reisegesellschaft, zu der auch eine Dame gehört, die sich in der Denk- und Ausdrucksweise des heroischgalanten Romans bewegt, improvisiert zum Zeitvertreib einen Roman: Le Roman impromptu ou les aventures du fameux Amandor et de la belle et intrépide Ariobarzane. Die Helden, Amandor, der männliche, und Félicie-Ariobarzane, der weibliche Don Quichotte, üben, verdreht durch Romane wie Le Grand Cyrus und Cléopatre, einen entsagungsvollen Liebedienst aus. Ihnen zur Seite stehen Pierrot, das Abbild Sanchos, und das Kammermädchen Perette, ein weiblicher Sancho. Diese paarweise Gruppierung ergibt Parallelscenen, wie sie aus Molières Dépit amoureux bekannt sind. Die beiden Don Quichotte begeben sich auf Wanderschaft. Félicie besteht ein Traumabenteuer in einer Höhle. Ein farcenhafter Schluss in einem Bauernhause vereinigt die Liebenden zu irdischer Liebe.

Gewisse Ähnlichkeit mit Wielands Don Silvio de Rosalva hat noch Jaques Cazottes Novelle La belle par accident (1742): „Prinz Kalibad, durch die Lektüre von Feenmärchen verdreht, will nur eine Fee heiraten etc.“

So sucht man nach einander den Ritterroman, den Schäferroman, p67 den heroisch-galanten Roman und das Feenmärchen durch eine Don Quichotterie zu verspotten. Die Idee des „überspannten Lesers“ ist zum traditionellen Träger einer Satire gegen die phantastische Romanschriftstellerei geworden.

VI.  Nach der ausführlichen Behandlung, die wir dem Werke Lesages haben angedeihen lassen, könnte es leicht scheinen, als ob wir ihm mehr Bedeutung beimässen, als ihm eigentlich zukommt, während es doch für die künstlerische Entwicklung des Verfassers wenig mehr als eine stilistische Übung, für den Roman, da sich niemand von ihm hat beeinflussen lassen, gar nichts bedeutet. Trotzdem kann dies Buch nicht aus dem allgemeinen Zusammenhang der Litteraturentwicklung herausfallen. Denn einerseits werden wir an ihm die für Anfängerarbeiten charakteristischen konventionellen Züge neben der originellen Art des späteren Meisters des Sittenromans feststellen können, andererseits würde Lesage nach dem Gesetz von Angebot und Nachfrage, das auch in der Litteratur bis zu einem gewissen Grade gilt, kaum seinen Don Quichotte auf den Büchermarkt geworfen haben, wenn er nicht auf ein geeignetes Publikum gehofft hätte.

Tatsächlich war das Interesse für Cervantes’ Don Quijote, das das ganze 17. Jahrhundert hindurch angehalten hatte, auch zur Zeit Lesages nicht erkaltet. Das beweisen die im vorigen Kapitel genannten Nachahmungen und die zahlreichen Übertragungen und Neuausgaben früherer Übersetzungen, die am Ausgang des 17. und am Anfang des 18. Jahrhunderts erschienen. Der Boden war in Frankreich für die Aufnahme des Don Quijote ein ausserordentlich günstiger. Der Ansatz zum Spotte liegt so sehr im französischen Nationalcharakter, dass man sich fast wundern könnte, dass der gallische Witz nichts Ebenbürtiges hervorgebracht hat. Schon im Mittelalter ist in Gedichten wie Audigier1) die ritterliche Ependichtung travestiert worden. Auch Rabelais’ Gargantua und Pantagruel ist im Grunde als eine Parodie des Ritterromans angelegt2).

Wenn trotzdem der Don Quijote in Frankreich nicht die gleiche praktische Wirkung wie in Spanien zurückgelassen hat, so liegt der Grund dazu in einer anderen Seite des französischen Volkscharakters. Zu dem esprit gaulois, der frei und ungebunden sein will, das Hässliche nicht verschmäht und das Schöne in den Staub zicht, gesellt sich Begeisterung p68 für das Erhabene und Sinn für das formal Schöne. Beide Seiten schliessen einander nicht aus: sie koexistieren, bekämpfen sich und stehen doch in vielfacher Wechselbeziehung. Durch die ganze französische Litteratur lassen sich die Spuren dieser Doppeltheit verfolgen. Oft fällt sie mit dem Gegensatz von Aristokratie und Demokratie zusammen wie im Mittelalter mit dem Gegensatz von Höfisch und Volkstümlich. Nirgends aber tritt sie deutlicher zu Tage als in dem Roman des 17. Jahrhunderts. Auf der einen Seite stehen die Werke des esprit précieux, die Romane der Gomberville, La Calprenède und Scudéry, auf der anderen Seite der bürgerliche Roman mit satirischer Tendenz von Sorel, Scarron und Furetière. Dieser Gegensatz in der Romanschriftstellerei betrifft nur den Stoff selbst, nicht den Aufbau des Stoffes. In beiden Richtungen herrscht die gleiche Kompositionsfreiheit. Es ist gerade so, als ob sich die Dichter für den Zwang, den ihnen die drei Einheiten im Drama auferlegten, durch um so grössere Gleichgültigkeit gegenüber den Einheiten im Roman hätten entschädigen wollen. Auch Lesage steht noch im Banne dieser Romantechnik. So ist es gekommen, dass er den Don Quijote Avellanedas, der an sich gut komponiert war, durch die heterogenen Einschübe so zerrissen hat, dass er in seiner Bearbeitung vollkommen ungeschlossen und einheitslos erscheint.

Doch zeigen sich auch bei ihm die durch den Sieg des Realismus geschaffenen Neuerungen. Der immer mehr wachsende historische Sinn, das Verlangen nach geschichtlicher Wahrheit auch in den dichterisch dargestellten Ereignissen hatte in den letzten Jahrzehnten des 17. Jahrhunderts eine neue Gattung gezeitigt, den autobiographischen Roman, der sich unter Beibehaltung vieler traditioneller Züge äusserlich an die zu gleicher Zeit so beliebte Memoirenlitteratur anschloss mit seinen Titeln: Mémoires, Annales, Histoires véritables etc. Es spielt da auch das Interesse an jener psychologischen Analyse hinein, die wir in vollendeter Form in der Princesse de Clèves von Mme de La Fayette und in La Bruyères Charakteren finden können.

Wenn auch die Charakterzeichnung in den originellen Episoden des von uns betrachteten Werkes viel zu wünschen übrig lässt, so zeigt sich andrerseits in der Behandlung des geschichtlichen Hintergrundes ein bedeutender Fortschritt. Sehen wir es als die Aufgabe des historischen Romanes an, dass er aus der geschichtlichen Massenbewegung das Schicksal eines Menschen herausgreift und seinen Anteil an den Ereignissen und deren Einfluss auf ihn darstellt, müssen wir zugeben, dass Lesage diese Aufgabe in der Geschichte des jungen Don Fernando de p69 Peralta in befriedigender Weise gelöst hat. Die Entfernung von der historischen Wahrheit, die die dichterische Freiheit fordert, wird dadurch gemildert, dass der Held, der im Mittelpunkt des Geschehens steht, nicht zu den grossen Machern der Weltgeschichte gehört, deren Biographie in ihren Hauptzügen, ja auch in vielen Einzelheiten der grossen Menge der Leser geläufig ist.

Nach alledem ist Lesages Bearbeitung von Avellanedas Don Quijote ihrer Vorlage sprachlich und inhaltlich überlegen, in ihrer Komposition aber misslungen. Die originalen Teile künden schon den Verfasser des Diable Boiteux und des Gil Blas an. Man wird daher gut tun, in dem Schaffen des Dichters auch seinem Erstlingswerk den Platz anzuweisen, den man ihm bis jetzt versagt hat.


Litteratur.

Ausser den in den Fussnoten angegebenen Spezialarbeiten wurden noch benutzt:

Leopoldo Rius: Bibliografía crítica de las obras de Miguel de Cervantes.  3 Bde.  Madrid 1895, 1899, 1905.

Cayetano Alberto de Barrera y Leirado, Catálogo bibliográfico y biográfico del teatro antiguo español.  Madrid 1860.

A. Morel-Fatio et L. Rouanet, Le Théâtre Espagnol.  Paris 1900.  (Bibl. de Bibliographies critiques VII.)

Georg Ticknor, Geschichte der schönen Litteratur in Spanien.  Deutsch mit Zusätzen herausgegeben von Nicolaus Heinrich Julius.  Neue Ausgabe Leipzig 1867.  2 Bde. u. Supplementband, bearbeitet von Adolf Wolf.

James Fitzmaurice-Kelly, A History of Spanish Literature.  London 1898.  Spanische Übersetzung von Adolfo Bonilla y San Martín.  Madrid 1900.

Gottfried Baist, Die spanische Litteratur. In Gröber’s Grundriss der rom. Philol.  Bd. II, Abt. 2.  Strassburg 1897.

Rudolf Beer, Spanische Litteraturgeschichte.  Leipzig, Göschen 1903.  2 Bde.

Adolf Fr. von Schack, Geschichte der dramatischen Litteratur und Kunst in Spanien.  Berlin 1845–46.

J. L. Klein, Geschichte des spanischen Dramas.  Leipzig 1871–75.

Adolf Schaeffer, Geschichte des spanischen Nationaldramas.  Leipzig 1890.

Biblioteca de autores españoles desde la formación del lenguaje hasta nuestros dias.  Madrid, Rivadeneyra. p70

Miguel de Cervantes Saavedra, El ingenioso hidalgo Don Quijote de la Mancha comentado por D. Diego Clemencín.  Madrid 1894.

A. Birch-Hirschfeld, Geschichte der französischen Litteratur.  Leipzig und Wien 1900.

Junker, Grundriss der Geschichte der französischen Litteratur.  4. Aufl.  Münster 1902.

Heinrich Körting, Geschichte des französischen Romans im 17. Jahrhundert.  Leipzig und Oppeln 1885.

André le Breton, Le Roman au XVIIe siècle.  Paris 1890.

. . . , Le Roman au XVIIIe siècle.  Paris 1898.

Fr. Spielhagen, Beiträge zur Theorie und Technik des Romans.  Leipzig 1883.

Dunlop-Liebrecht, Geschichte der Prosadichtung.  Berlin 1851.

Gaspary, Geschichte der italienischen Litteratur.  Berlin 1885.

Fürst, Don Quixotes Spuren in der Weltlitteratur (Beil. z. Allg. Zeit. 1898 No. 6).


Fussnoten.

2.1p2 Nach Perez Pastor; vgl. dazu Morel-Fatio, Bull. Hisp. V, 4, S. 361.

2.2)  Das Wichtigste ist veröffentlicht in der Biographie von Cayetano Alberto de la Barrera (Obras de Lope de Vega publicadas por la Real Academia Española, Madrid 1890 ff., I. Bd.).

2.3)  Zweite Auflage von Francisco Perez Bayer, Madrid 1783–88: „Alphonsus Fernandez de Avellaneda, patria ex oppido Tordesillas Pincianae diœcesis, continuavit sed absque genio illo qui principem Michaelis Cervantes ad inventionem promovit et comitatus est.“

3.1p3 cf. Vorrede zu seiner Übersetzung; die dort erwähnte Legende, dass die Freunde des Cervantes alle erreichbaren Exemplare des falschen Don Quijote verbrannt hätten, scheint mir auf D. Q. II, 70 zu beruhen. (Altisidoras Traum: die Teufelchen spielen mit Avellanedas Don Quijote Ball und werfen ihn dann in den Abgrund der Hölle.)

3.2Histoire comparée des littératures française et espagnole, 1843, Bd. I, S. 29.

3.3)  1.  Segundo Tomo Del ‖ Ingenioso Hidalgo ‖ Don Quixote de la Mancha, ‖ que contiene su tercera salida: y es la ‖ quinta parte de sus aventuras. ‖ Compuesto por el Licenciado Alonso Fernandez ‖ de Avellaneda, natural de la Villa de Tordesillas. ‖ Al Alcalde, Regidores, y hidalgos, de la noble villa del (!) Argamesilla, patria feliz del hidalgo Cauallero Don Quixote ‖ de la Mancha. (Grabadito: Caballero embistiendo lanza en ristre1)) ‖ Con Licencia. En Tarragona, en casa de Felipe ‖ Roberto, Año 1614.2)

Die Aprobacion des Doctor Raphael Orthoneda ist datiert auf den 18. April 1614, die Druck- und Verkaufserlaubnis für das Erzbistum Tarragona auf den 4. Juli 1614.

Es folgt eine Dedikation: al Alcade, Regidores etc.

Vorrede Avellanedas.

Sonett von Pero Fernandez.

Avellaneda teilt nach dem Muster des ersten Teiles ein und zählt weiter: quinta, sexta und septima parte, während Cervantes seinen zweiten Teil schlechtweg Segunda Parte nennt und weiter keine Unterabteilungen macht.

2.  Vida y hechos ‖ del Ingenioso Hidalgo ‖ Don Quixote ‖ de la Mancha, ‖ que contiene su quarta (!) salida, ‖ y es la quinta parte de sus aventuras. ‖ Compuesto por el Licenciado Alonso Fernandez ‖ de Avellaneda, natural de la villa de Tordesillas. ‖ Parte II. Tomo III. ‖ nuevamente añadido, y corregido en esta ‖ Impresion, por el Licenciado Don Isidro Perales y Torres3). ‖ Dedicada al Alcalde etc. ‖ Año 1732 (Der Holzschnitt, der das Abenteuer mit dem Ritter vom „hellen Mond“ darstellt, findet sich schon in der Ausgabe des D. Q. Madrid, 1730) ‖ Con Privilegio ‖ En Madrid etc.

Der Titel Vida y hechos ist seit der Brüsseler Ausgabe des D. Q. (1662 und 1671) gebräuchlich. Die Avellanedaausgabe sollte als Fortsetzung für die Madrider Don Quijote-Ausgabe von 1730 gelten. Die Aprobacion von Don Agustin de Montiano y Luyando ist sehr günstig für Avellaneda. p4

3.  Dieselbe Ausgabe, Madrid 1806, unter Auslassung der beiden Novellen (Cap. XV–XX). Der Herausgeber wird in seiner Vorrede dem Verdienst des Cervantes etwas mehr gerecht als der Herausgeber von 1732.

4.  Abdruck der Editio princeps im 18. Band der Biblioteca de Autores Españoles (Rivadeneyra) unter dem Nebentitel Novelistas posteriores á Cervantes mit einer Vorrede von Don Cayetano Rosell. Madrid 1851 und 1898.

Letztere Ausgabe wurde von mir benutzt.

5.  Barcelona, 1884, in der Biblioteca clásica española, Daniel Cortezo y Cª. Merkwürdig berührt das Urteil: „el Quijote de Avellaneda ha sido reputado por algunos como libro clásico, y figura en la lista de autoridades del idioma.“ Ausserdem ist diese Ausgabe von anstössigen Stellen gesäubert.

6.  El Quijote apocrifo, compuesto por el Licenciado Alonso Fernandez de Avellaneda, natural de Tordesillas. Edición cuidadosamente cotejada con la original, publicada en Tarragona en 1614. Barcelona, Impr. de J. Jepús. 1905.


p3

1)  — D. Q. Valencia, 1605.

2)  War mir nicht zugänglich. cf. Leopoldo Rius, a. a. O. II, S. 255.

3)  Nach D. Juan de Iriarte (Adiciones á la Bibl. esp. de Nic. Antonio) — Blas Antonio Nasarre y Ferriz (1689–1751).

4.1p4 1.  Nouvelles avantures de l’admirable Don Quichotte de la Manche, composées Par le Licencié Alonso Fernandez de Avellaneda: Et traduites de l’Espagnol en François pour la première fois. Paris, Chez la Veuve de Claude Barbin, 1704. Avec Privilège du Roy. 2 vols en 12º. ferner Amsterdam 1705 und London 1707 (Par M. L. S.), Bruxelles 1707 (nur bei Claretie a. a. O.  S. 430), Paris 1716, David 1741 (citiert bei Quérard, La France littéraire).

Diese Bearbeitung, die von Lesage herrührt, war bereits 1702 vollendet (Gutachten von Fontenelle 25. Oct. 1702). Das Privileg ging von Gabriel Martin auf die Witwe Claude Barbin über, sodass sich der Druck um zwei Jahre verzögerte. Näheres später S. 47 ff.

2.  Le Don Quichotte de Fernandez Avellaneda, traduit de l’espagnol et annoté par A. Germond de Lavigne. Paris, Didier, 1853.

Die Einleitung dieser Übersetzung war im vorhergehenden Jahre bereits gesondert erschienen:

Les deux Don Quichotte, étude critique sur l’œuvre de Fernandez Avellaneda faisant suite à la première partie du Don Quichotte de Cervantes. P. 1852.

4.2)  1.  The History of the Life and Adventures of the famous Don Quixote.... Now first translated from the original Spanish. With a preface giving an Account of the Work. By Mr. Baker. 2 vols. London 1745.

Diese mir nicht zugängliche Ausgabe ist nach Yardley, Vorrede S. VI, aus dem Französischen übersetzt.

2.  A Continuation of Don Quixote etc. Translated into English by William Augustus Yardley, Esq. 2 vols. London 1784.

3.  The Life and Exploits of the ingenious Gentleman Don Quixote. Swaffham 1805.

Nach der Ausgabe von Madrid 1732.

5.1p5 1.  A Continuation of the Comical History of the most ingenious knight Don Quixote de la Mancha. By the Licentiate Alonso Fernandez de Avellaneda. Being a third volume; never before printed in English, Translated by Captain John Stevens. London 1705.

2.  Nieuwe Avantuuren van Don Quichot, door Avellaneda. Utrecht 1706.

do. Amsterdam 1718.

3.  Neue Abentheuer des Ritters Don Quichotte, geschrieben von Avellaneda, aus dem Frantzösischen in die teutsche Sprache übersetzt. Copenhagen 1707.

Leben und Thaten des weisen Junkers Don Quixote von La Mancha. Aus der Urschrift des Cervantes, nebst der Fortsetzung des Avellaneda. In 6 Bänden von F. I. Bertuch, Leipzig 1775 u. dass. 1780–81, Bd 5/6.

5.2)  Pope, Essay on Criticism v. 267 ff.:

„Once on a time La Mancha’s knight, they say,
A certain bard encount’ring on the way,
Discoursed in terms as just with looks as sage
As e’er could Dennis of the Grecian Stage;
Concluding all were desperate sots and fools
Who durst depart from Aristotle’s rules.“

Vgl. Lesage, Chap. 25.

5.3)  Tauchnitz ed. S. 22.

5.4)  Becker, die Aufnahme des Don Quixote in die engl. Litteratur. Diss. Berlin 1903.

6.1p6 „El autor de este Don Quijote no es Alonso Fernandez de Avellaneda, natural de Tordesillas, porque constando de lo que Cervantes dice que el autor es aragonés y no habiendo lugar en Aragon que se llame Tordesillas, se debe conjeturar que quien fingió su patria, fingiría al nombre“ ...

6.2Vida de Cervantes, Londoner Ausg. 1738.

6.3Vida de Cervantes S. 30 ff., Ausgabe der Kgl. Span. Akademie. Madrid, 1780

6.4Vida de Cervantes, 1797.

7.1p7 In dem Festzuge gingen: „Don Quijote de la Mancha con un traje de burlas, arrogante y pícaro; puntualmente de la manera, que en su libro se pinta ... Esta figura y otra de Sancho Panza, su criado, que le acompañaba causaron grande regocijo y entretenimiento, porque á mas de que su vestimenta era en estremo graciosa, lo era tambien la invencion que llevaban“ etc.

(Retrato de las fiestas que á la beatificacion de la bien aventurada virgen y madre santa Teresa de Jesus etc. Por Luis Diez de Aux. Zaragoza, 1615.)

7.2)  cf. Tubino, Cervantes y el Quijote. Madrid 1872, S. 18 ff.

7.3)  Näheres über die bei derartigen Wettbewerben herrschenden Gebräuche s. Tubino, a. a. O.  S. 23.

7.4)  Navarrete, Vida de Cervantes, 1819, hat zu dem von Pellicer Gesagten nichts Wesentliches hinzugefügt.

8.1p8 El Conde-Duque de Olivares y el rey Felipe IV. (Cadiz 1846) und Miguel de Cervantes y dos inquisidores (1872).

8.2)  Tubino, a. a. O.  S. 1–82.

8.3)  Zeitschriftenaufsätze, abgedruckt in Asensio, Cervantes y sus obras. Barcelona 1902. S. 462 ff.

8.4)  Ludwig Braunfels in seiner Übersetzung des Don Quijote, Jubiläumsausgabe 1904, und W. v. Wurzbach, Lope de Vega. Leipzig 1899. S. 55.

8.5Revista de Literatura. Sevilla 1856–1858.

8.6)  Einleitung zu Bibl. de aut. esp. XVIII. S. VIII.

8.7)  Biblioteca Nacional M. 200.

9.1p9 Über den Sturz Aliagas siehe Quevedo, Grandes Anales de quince días. — Fernandez-Guerra, Obras I, S. 203.

9.2)  Dunkle Anspielungen darauf in Quevedo, Epistolario (Obras ed. Fernandez-Guerra S. 575) vgl. auch Tubino, a. a. O.  S. 273.

9.3)  Von den Dominikanern zu Ehren des heiligen Hyacinthus veranstaltet, cf. Fitzmaurice-Kelly, Life of Cervantes S. 197.

9.4)  Dies ist die früheste Ausgabe, neugedruckt in Semanario erudito de Don Antonio Valladares de Sotomayor. Madrid 1787. S. 264 ff.

10.1p10 Fernandez-Guerra, Obras I, S. 198.

10.2)  S. 265 in der Venganza: ... „burlandose del mundo hasta dar con su pluma en el infierno, sin temor de sacarla chamuscada“.

Der Discurso ist später betitelt worden: El entremetido y la dueña y el soplón.

10.3El Imparcial (15. Febr. 1897).

10.4)  Groussac, Une énigme littéraire: le Don Quichotte d’Avellaneda. Paris 1903.

10.5)  L., der Schildknappe Bruneos de Bonamar cf. Amadis de Gaula III, 3, 13, IV, 20 etc.

11.1p11 Cayetano Rosell, Bibl. de aut. esp. 18, S. X drückt sich sehr unbestimmt aus: „Léase este folleto, léase el Quijote de Avellaneda y se hallará el mismo estilo, las mismas locuciones; en una palabra, la misma pluma.“

11.2)  Die bekannteste ist das Tribunal de la justa Venganza del Licenciado Arnoldo de Franco-Furt, das nach Fernandez-Guerra (Obras I, S. XC) von dem Pater Niseno, dem Doktor Juan Perez de Montalban, Don Luis Pacheco de Narvaez u. a. verfasst sein soll.

11.3„Pregmática que este año de 1600 se ordenó por ciertas personas deseosas del bien común y de que pase adelante la república, sin tropezar ni usar de bordoncillos inútiles pues se puede andar sin ellos y por camino llano, en la conversacion y en el escribir de cartas, con que algunos tienen la buena prosa corrompida y enfadado el mundo.“ —Fernandez-Guerra, Obras I, S. 429.

11.4)  Er erwähnt den Buscon (1626), das Capitulo de los gatos (1627) und das damals noch nicht gedruckte Schriftchen Gracias y desgracias del ojo del c.

11.5)  Bezieht sich auf das Memoriál ... y las indulgencias concedidas á los devotos de monjas. Er nennt Rabelais und Jean Marot als solche, die ebenfalls die Geistlichkeit verhöhnt haben, meint aber jedenfalls Clément Marot, der sich durch seinen kaustischen Witz bei den Mönchen verhasst machte.

12.1p12 Groussac, Une énigme littéraire. Paris 1903.  S. 170 ff.  Vgl. dazu die Rezension von Morel-Fatio, Bulletin hispanique 1903.  No 4.  S. 360.

12.2Vida de Cervantes 1797.

12.3)  Das Aragonesische ist ein mit katalanischen Elementen durchsetztes Patois.

13.1p13 Diccionario de voces aragoneses S. 75.

13.2)  Labernia y Estellez, Diccionari de la Llengua Catalana ab la Correspondencia Castellana. Vol. I, II, Barcelona, s. a. verzeichnet kat. senjal als m. u. f. Der eine Fall bei Avellaneda ist vielleicht auch durch den Drucker verschuldet.

14.1p14 Morel-Fatio verweist auf: P. Juan Mir y Nognera, Frases de los autores clásicos españoles.  Madrid 1899.  S. 605.

15.1p15 Auch von Cervantes im Licenciado Vidriera citiert.

16.1p16 Vida de Cervantes. Cadiz 1872.

16.2)  2. März 1612: ... „y leí unos versos con unos antojos de Zervantes que parecían unos huevos estrellados mal hechos.“

16.3„Lope de Vega, como Avellaneda, escriben frecuentemente sin artículos ... en usar palabras ó demasiado afectadas ó demasiado vulgares y bajas se igualan asimismo.“

18.1p18 Höchstens könnte eine Erwähnung des Castillo de San Cervantes angeführt werden, die einer Bemerkung in der Vorrede: „es ya viejo como el castillo de Cervantes“ entspricht.  cf. Gongora, Romanzen (Aut. esp. 32, S. 513):

„Castillo de San Cervantes
Tú que estás junto á Toledo“ etc.

18.2„Pintaos comedor y simple, y no nada gracioso, y muy otro del Sancho que en la primera parte de la historia de vuestro amo se describe.“ (II, 59.)

20.1p20 Anders Fitzmaurice-Kelly, Life of Cervantes, S. 267: „The resemblances between the two may be accounted for by Cervantes’ unwary habit of reading to others what he had written long before it was ready for the press.“

21.1p21 D. Q. hält sie für ein Schloss, cf. I, 2.

21.2)  I, 16.

21.3)  I, 29.

21.4)  I, 3 und 17.

21.5)  cf. I, 25; in I, 31 berichtet Sancho, er habe Dulcinea angetroffen, wie sie Getreide worfelte: bei Avellaneda ist sie dabei Mist aufzuladen, wovon der gute Schildknappe als Dank für die Botschaft eine Portion ins Gesicht bekommt.

21.6)  Orlando ist nur an der Fusssohle verwundbar: I, 26 „... no le (Orlando) podía matar nadie sino era metiendole una alfiler de á blanco por la planta del pié.“

21.7)  Darüber grosse Klage Sanchos cf. I, 23.

22.1p22 Folgende Situation ist aus dem D. Q. entlehnt:

I, 35: „Estaba en camisa, la cual no era tan cumplida que por delante le acabase de cubrir los muslos, y por detrás tenía seis dedos menos: las piernas eran muy largas y flacas, llenas de vello y no nada limpias.“ Avellaneda Cap. X: „Como la camisa era un poco corta por delante no dejaba de descubrir alguna fealdad ... bajóse un poco y descubrió de la trasera lo que de la antera habia descubierto y algo mas asqueroso.“

22.2)  Die Vorbedingungen für dieses Abenteuer sind ganz ähnliche wie die für Don Quijotes Kampf mit den Weinschläuchen (I, 35). Hier wie dort liegt das illusionserregende Moment in einem Traum.

23.1p23 Mit einem für die kindische Erzählungsweise typischen Eingang: Éraselo que se era, en hora buena sea, el mal que se vaya, el buen que se venga, á pesar de Menga. Érase un hongo y una honga etc.“ Zur Quelle vgl. Clemencin, Don Quijote 2, S. 20, Anm. 39.

23.2)  Vgl. den Streit um den Saumsattel I, 45.

24.1p24 cf. Cervantes (I, 52): „Forsi altro cantera con miglior plectro“ (statt „Forse altro canterà con miglior plettro“, Orl. Fur. XXX, 16).

25.1p25 I, 13 und II, 32; cf. Bojardo, Orlando innamorato (lib. I, canto 18):

„Perchè ogni cavalier, ch’è senza amore
Se in vista è vivo, vivo è senza core.“ (Str. 46.)

26.1p26 cf. Kraepelin, Psychiatrie I, S. 134.

26.2)  Kraepelin, Lehrbuch der Psychiatrie S. 138.

26.3)  Wundt, Phys. Psychologie III, S. 643: „Hallucinationen sind Erinnerungsbilder, die sich von den normalen nur durch ihre Intensität unterscheiden.“

26.4)  I, 18.

27.1p27 Der Ausdruck „Hilfsillusion“ ist insofern nicht ganz zutreffend, als es sich hier nicht gemäss der oben gegebenen Definition um eine Sinnestäuschung handelt. Ich habe ihn gewählt, weil ich die Hilfsillusion als einen Teil der dem Ganzen zu Grunde liegenden Illusion ansehe.

27.2)  Ebenso I, 4. Es ist dies das einzige Beispiel einer akustischen Reizung im Don Quijote.

28.1p28 La Huerta, Theatro Hespañol 1735–88, berichtet einen ähnlichen Fall. Bei einer Aufführung von La niña de Gomez Arias von Calderon hatten die Alcaldes de Corte, welchen die Aufsicht über das Theater oblag, ihren Platz auf der Bühne eingenommen und waren von einigen Alguacils begleitet. In der Scene nun, wo Gomez Arias das unglückliche Mädchen, das er verführt hat, den Mauren verkaufen will, wurde einer der Alguacils so von der Lebendigkeit und Naturwahrheit der Darstellung hingerissen, dass er mit gezogenem Schwert auf den Schauspieler losging, der die Rolle des Gomez spielte, und ihn zur Flucht zwang.

28.2Unterhaltungen mit Müller.

29.1p29 La Celestina, Tragicomedia de Calisto y Melibea por Fernando de Rojas (her. von Don Marcelino Menendez y Pelayo).  Vigo 1899, 1900.  I, S. 102.

29.2)  a. a. O. S. 110.

29.3)  Av. Cap. XXIV: „cuyo valor conocieron tambien los griegos!“

29.4)  Canto XXXVII, Str. 5.

29.5)  Canto XX.

30.1p30 Schneegans, H., Geschichte der grotesken Satire.  Strassburg 1895.

30.2)  Gaspary, Geschichte der italienischen Literatur.  Strassburg 1888.  S. 440.

31.1p31 cf. D. Q. I, 2: „Apenas había el rubicundo Apolo tendido por la faz de la ancha y espaciosa tierra las doradas hebras de sus hermosos cabellos“ etc.  I, 13: „Mas apenas comenzó á descubrirse el día por los balcones del oriente“ etc.

32.1p32 cf. Morel-Fatio, Le Don Quichotte envisagé comme Peinture et Critique de la société espagnole du XVIe et du XVIIe siècle (Études sur l’Espagne I, 1895, S. 297–382).

33.1p33 „Das Gefühl der Komik entsteht dann infolge des Kontrastes von Zweck und Realisierung, der zugleich ein solcher von Gross und Klein ist.“  cf. Lipps a. a. O. S. 48.

33.2)  „Das Possenhafte ist eine niedere Art des Komischen oder besser eine weniger feine Art, einen komischen Effekt hervorzubringen.“  cf. Lipps a. a. O. S. 168 u. 169.

33.3)  cf. S. 27 f.

33.4)  Über die Komik der Selbsttäuschung vgl. Klein, Geschichte des Dramas, 2. Bd., S. 38 ff.  und Wetz, Die Anfänge der ernsten bürgerlichen Dichtung des 18. Jahrhunderts. Worms 1885.  S. 72 ff.

34.1p34 Philosophie des Schönen, S. 393 ff.

35.1p35 In der Vorrede seiner Übersetzung.

35.2)  „Sie (die komischen Figuren) stehen dem Helden in parodischer Weise gegenüber und wiederholen die von idealen Motiven geleiteten Handlungen derselben in einer niederen Sphäre, sodass erhaben zur Karikatur wird.“ —Schack II, S. 253.

35.3)  Cap. XXXII.

36.1p36 Wie bei dem oben citierten Certamen in Zaragoza.

36.2)  Mariana, contra los juegos publicos.  1609.

37.1p37 Dem Renaissancemenschen Bojardo musste diese ritterliche Tugend besonders lächerlich erscheinen. Er satirisiert sie an mehreren Stellen, worunter die Scene, wie Angelica Roland badet, als besonders grotesk hervorragt.

37.2)  I, 30: ...„el asno callaba y se dejaba besar y acariciar de Sancho sin responderle palabra alguna“ und Av. Cap. XXI: ...„subido en su rucio sin permitirle decir en el camino palabra buena ni mala.“

38.1p38 Noch deutlicher ist die groteske Darstellung in Guevaras Diablo cojuelo, (1641) (gegen Schneegans, a. a. O. S. 470, der den Spaniern die Kenntnis des grotesken Stiles abspricht): z. B. Tranco II.: „Pero ¿quien es aquella Habada con camisa de muger que no solamente la cama le viene estrecha, sino la casa y Madrid, que haze roncando mas ruido que la Bermuda y al parecer beue camaras de tinajas y come gigotes de bobedas? ... se piensa ir al Cielo derecha, que aunque pongan una garrucha en la Estrella de Venus y un alçaprima en las siete Cabrillas, me parece que será imposible que suba allá aquel tonel“ etc.

38.2)  Gayangos, Libros de Caballerías (Amadis de Gaula und Esplandián), Bibl. de aut. esp., vol. 40, 1857.

39.1p39 Ähnliches kommt vielfach vor, vgl. D. Q. I, 50 das Abenteuer von dem kochenden See der sieben Feen und dazu die Anmerkung von Clemencin.

39.2)  C. Voretzsch, Epische Studien I, S. 132 führt noch andere Beispiele von Torsperrungen an: die Schwertbrücke (Lanzelot), das Rad (Wigalois) und das Fallgatter (Ivain).

39.3)  Duran, Romancero general I, S. 243.

39.4)  ib. S. 212.

41.1p41 Von La Fontaine bearbeitet in dem Conte Le Muletier.

41.2)  M. Landau, Die Quellen des Dekameron.  Stuttgart 1884.  2. Aufl.  S. 76.

42.1p42 Percy, Reliques of ancient poetry.  London 1823.  Vol. III, S. 304–308. — John S. Roberts, The legendary ballads of England and Scotland.  London.  S. 26–33.

42.2)  Die Bilder sind nicht geschmackvoll, z. B.: „vi en ese bello aspecto ... una esplendidísima mesa de regalados manjares para el gusto, pues le tuve y tengo el mayor que jamas he tenido, en ver la virtud que resplandece en vuesa merced, pan confortativo de mis desmayados alientos, acompañada de la sal de sus gracias, y vino de su risueña afabilidad; si bien me acobarda el cuchillo del rigor“ etc.

43.1p43 In dem falschen Guzman (II, 6) sehen wir einen „devoto de monjas“ mit einer Nonne und einer Dame darüber disputieren, ob in der Liebe die Hoffnung oder der Besitz besser sei.

44.1p44 A. Mussafia, Studien zu den ma. Marienlegenden.  Wien 1887–98.  5 Teile (Sitzungsberichte der Akad. der Wissenschaften). — Gröber, Ein Marienmirakel (Festschrift für Wendelin Förster, 1902, S. 421 ff.). — Heinrich Watenphul, Die Geschichte der Marienlegende von Beatrix der Küsterin.  Diss.  Göttingen 1904.

44.2Dialogus miraculorum, lib. VII.  No. 34.  ed. Strange, Köln 1851.  Bd. II, S. 42, 43.

44.3)  Anonym, Vincentius Bellovacensis, Étienne de Besançon etc.

44.4)  Jean Mielot (15. Jh.), Gautier de Coincy, Jacques de Vitry, ein Mirakelspiel etc.

44.5Légende de sœur Béatrix (Contes de la veillée).  Paris 1838.

44.6Sœur Béatrice.  Paris 1901.

45.1p45 Fabliaux et contes V.

45.2... „si bien otra igual á ella en la sustancia tengo leida en el milagro veinte y cinco de los noventa y nueve que de la Virgen sacratisima recogió en su tomo de sermones el grande autor y maestro que por humildad quiso llamarse el discípulo: libro bien conocido y aprobado.“

45.3Sermones Discipuli (Joannes Herolt sancti Dominici ordinis) et de Tempore et de Sanctis cum Exemplorum Promptuariis, 1418. — Herold ist geboren zu Kostnitz oder Basel.  Er nennt sich discipulus „quia in istis sermonibus non subtilia per modum magistri vel doctoris, sed simplicia per modum discipuli conscripsi et collegi“.

45.4)  cf. Oeuvres de Rutebeuf ed. par Achille Jubinal, 1839.  I, S. 302: Du Secrestain et de la Famme au Chevalier.

46.1p46 In Det norske oldscrift selkabs samlinger XII. Norröne skrifter af religiöst inhold: Mariu Saga. Legender om jomfru Maria og hendes jertegn. efter gamle handskrifter udgivne af C. R. Unger, andet hefte, Christiania 1869.  S. 514–21. — Watenphul, a. a. O., S. 56.

46.2)  W. J. A. Jonkbloet, Beatrijs.  1. Aufl.  Amsterdam 1846.  2. Aufl. zusammen mit Carel ende Elegast.  Amsterdam 1859.

46.3)  cf. Watenphul, a. a. O., S. 29.

46.4)  Dieselbe Legendenform findet sich als Ballade in Montanus (Vincenz von Zuccalmaglio), Die Vorzeit der Länder Kleve-Mark, Jülich-Berg und Westphalen, Solingen u. Gummershausen 1837.  I, S. 350 ff.  Bergische Klostersage aus dem 13. Jahrhundert.  cf. Watenphul, a. a. O., S. 73.

47.1p47 a. a. O.  S. 81.

47.2)  Fitzmaurice-Kelly, Life of Cervantes.  London 1892.

52.1p52 cf. Orl. Fur. Canto XXXVI, Str. 78 ff.: Das Zelt Melissas.

53.1p53 Roland l’Amoureux 1717–21.

53.2Guzman d’Alfarache 1732. — Estebanille Gonzalès.  Paris, Ganneau 1732.

56.1p56 Sorel, Le Berger extravagant, verspottet sie, indem er aus den metaphorischen Bestandteilen ein Bild zusammensetzen lässt.  Vgl. auch D. Q. I, 13: „sus cabellos son oro, su frente campos eliseos, sus cejas arcos del cielo, sus ojos soles, sus mejillas rosas, sus labios corales, perlas sus dientes, alabastro su cuello, mármol su pecto, marfil sus manos, su blancura nieve, y las partes que á la vista humana encubrió la honestidad son tales segun yo pienso y entiendo que sólo la discreta consideracion puede encarecerlas y no compararlas.“ Zu den letzten Worten cf. Tirante el Blanco, I, 17.

56.2)  1616; frz. Übers. von J. Pradelle Baudouin, 1646 u. 1658.

57.1p57 Bentivoglio, Storia de las guerras di Fiandra.  1633–1639.  Bruslé de Montpleinchamp, Histoire de l’archiduc Albert, prince souverain de la Belgique.  Cologne 1693, war mir nicht zugänglich.

57.2)  In den Schicksalen der Familie de Leyva.

57.3)  Huet d’Avranches in seinem Traité sur l’origine des romans, mit dem er die Zaÿde von Mme de La Fayette begleitete (1670).

58.1p58 Es ist schade, dass der 3. Band von Rius (1905): „Urteile über Cervantes“ allzu sehr die Panegyriker, zu wenig die Kritiker berücksichtigt. Wir finden bei ihm weder Sorel noch Lesage.

58.2)  a. a. O., S. 788.

59.1p59 Clerville in Le Gascon extravagant, 1639, einer Nachahmung des Berger extravagant und des Don Quijote (cf. Körting, a. a. O., II, S. 98), l. I, S. 66: „Elle lisait le Don Quichot de la Manche qu’elle avoit pris sur ma table, et s’y plaisait tellement qu’encore que nous eussions demeuré prés de trois quarts-d’heure, sa Suivante et moy, elle ne s’imaginoit pas qu’il y eust un moment que nous fussions ensemble.“

59.2)  a. a. O.: „Miguel de Cervantes, l’un des plus beaux esprits que l’Espagne ait produit“ ...

59.3Continuation des Mémoires de Sallengre.  t. VI.

60.1p60 Vgl. Goethes Äusserung über Shakespeare: „Der Dichter lässt seine Personen jedesmal das reden, was eben an dieser Stelle gehörig, wirksam und gut ist, ohne sich viel und ängstlich zu bekümmern und zu kalkulieren, ob diese Worte vielleicht mit einer anderen Stelle in scheinbaren Widerspruch geraten können.“ (Goethe-Eckermann, 18. April 1827.)

60.2)  Jedenfalls waren die Gefangenen hintereinander an einer Kette (cadena) befestigt, die durch an den Handschellen (esposas) befindliche Ringe lief, so dass die Kette nur bei dem vordersten gelöst zu werden brauchte, damit die ganze Reihe frei wurde.

60.3)  Charles and Mary Cowden Clarke, The Shakespeare Key.  London 1879.  S. 105: Dramatic Time.

61.1p61 Über den Mangel an Erfindung bei Lesage cf. Claretie, Essai sur Lesage Romancier.  Paris 1890.  S. 187 ff.

61.2LS. Cap. 47.

62.1p62 Auch hier hat wieder das Beispiel des Cervantes gewirkt.  cf. II, 45, 47, 49, 51.

62.2LS. Cap. 29.

62.3)  Chap. XIV.

62.4)  Baret, Eug., De l’Amadis de Gaule et de son influence sur les mœurs et la littérature au XVIe et au XVIIe siècle.  Paris 1853.

62.5Gil Blas, Livre X, Ch. VII.

63.1p63 Gil Blas, Livre X, Ch. VIII.

63.2Le Bachelier de Salamanque, Livre I, Ch. VII.

63.3Le Diable Boiteux, édition augmentée, 1726, Ch. VII.

63.4Gil Blas, Livre VII, Ch. II.

63.5Gil Blas, Livre VIII, Ch. IX.

63.6)  Im Gil Blas (II, IX) beklagt der Onkel Diegos, dass man die Pastorale nicht mehr wie früher schätze.

63.7)  Honoré d’Urfé, Astrée, 1610, 1619, 1627.

64.1p64 La Valise trouvée (1740) S. 3: „Parbleu! s’écria le Marquis, à peu près l’avanture de Don Quichotte et de Sancho dans la Montagne noire. Voyons un peu si cette Valise renferme autant d’écus que celle de Cardenio.“

64.2)  Chap. XVII.

65.1p65 Dem „weiblichen Don Quichotte“ begegnet man auch sonst in der Litteratur. In Adrien-Thomas Perdon de Subligny, La Fausse Clélie (1670, 1671, 1680, 1712, 1718) wird die Heldin über der Lektüre der 8000 Seiten füllenden Histoire Romaine verrückt.  cf. Körting, a. a. O. II, S. 273. Der Roman The Female Quixote von Mrs. Lennox (1752) ist eine Satire auf die Romane der Scudérys. Die Heldin Arabella, eine Dame von Geburt, ausgestattet mit liebenswürdigen Eigenschaften, welche jedoch, da ihr Vater sie in völliger Abgeschiedenheit von der Welt aufgezogen und sie fortwährend die Romane der Scudérys gelesen hat, zuletzt die Ereignisse dieser Dichtungen für wahr hält und ihr Benehmen danach einrichtet. Sie bildet sich ein, dass jeder Mann in sie verliebt sei, und schwebt in beständiger Furcht, entführt zu werden. Den Gärtner ihres Vaters hält sie für einen verkleideten Prinzen, und entlässt einen vernünftigen Liebhaber, weil er in dem Kodex der heroischen Galanterie nicht gehörig Bescheid weiss. — cf. Dunlop-Liebrecht, S. 334. — Die dem Sancho Panza entsprechende Vertraute Lucia hat nichts von den komischen Seiten ihres Pendants.

Dieser Roman wurde 1773 in das Französische übersetzt, 1754 in das Deutsche und 1808 in das Spanische.  Rius, a. a. O. II, S. 304.

65.2)  Livre I, Ch. IX.

65.3)  cf. Körting, a. a. O. II, S. 86 ff.

66.1p66 Korting, a. a. O. II, S. 99.

66.2)  Der ursprüngliche Titel lautet Un Don Quichotte moderne. Erst die durchgesehene Ausgabe von 1737 trägt den Titel Pharsamond ou les folies romanesques.

67.1p67 Schneegans, a. a. O., S. 91.

67.2)  Schneegans, a. a. O., S. 174 ff.